Lai ist ein entschiedener Verfechter eines souveränen Taiwan. Bei seiner Amtseinführung vor einem Jahr hatte er angekündigt, er werde China die Stirn bieten und die Demokratie in Taiwan verteidigen. In seiner Rede am Dienstag unterstrich er den Wunsch nach Frieden: "Frieden ist unbezahlbar, im Krieg gibt es keine Gewinner." Er betonte jedoch auch die Notwendigkeit, "sich auf Krieg vorzubereiten, um Krieg zu vermeiden". Taiwan werde seine Verteidigungsmaßnahmen ausbauen und die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit des Inselstaats stärken.
Der Sprecher des chinesischen Büros für taiwanische Angelegenheiten, Chen Binhua, reagierte auf Lais Rede mit Kritik an dessen "separatistischen Positionen". Lai habe an "der Unabhängigkeit Taiwans festgehalten" - eine Position, die "zum Scheitern verurteilt" sei, sagte Chen dem chinesischen Staatssender CCTV. Peking sei zwar bereit, auf das Gesprächsangebot aus Taipeh einzugehen, allerdings nur "auf der Grundlage des Ein-China-Prinzips" und über Themen, die "für die Wiedervereinigung mit dem Mutterland" relevant seien, erklärte Chen.
China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die notfalls mit militärischer Gewalt wieder mit dem Festland vereinigt werden soll. Taiwan wirft der Führung in Peking vor, Cyberangriffe, Desinformation und Spionage einzusetzen, um das Land zu schwächen.