Alexander Winokurow, LaShawn Merritt oder Jessica Hardy: Dopingsünder, die einst olympische Ideale mit Füßen getreten haben, kehren in London reihenweise auf die große Bühne zurück. Als Geläuterte, aber auch als Leugner und Uneinsichtige. Der Zweifel fährt, schwimmt und läuft mit. Besonders wenn frühere Betrüger wie Winokurow plötzlich wieder die Rolle des Triumphators einnehmen.
"Wenn ein Sportler absichtlich betrogen hat, sollte es Regel sein, ihn nicht mehr zurückkommen zu lassen", sagt Arne Ljungqvist, Anti-Doping-Chef des IOC. Das Ende des Straßenrennens am Samstag dürfte er demnach mit der Faust in der Tasche verfolgt haben.
Da war nicht nur Sieger Winokurow, der 2010 nach abgelaufener Sperre höhere Wattzahlen als zu seinen Fremdblutdoping-Zeiten trat, Lüttich-Bastogne-Lüttich gewann und allen Ernstes erklärte: "Ich will jungen Fahrern zeigen, dass es möglich ist, sauber Rennen zu gewinnen."
Mit dem Kasachen strampelten einige andere durch London, die es mit medizinischen Richtlinien wohl nie ganz so ernst nahmen: der Spanier Alejandro Valverde, Stammkunde von Dopingarzt Fuentes, der Belgier Tom Boonen, einst Kokain-Konsument, der Schotte David Millar, wegen Epo-Missbrauchs bis 2006 gesperrt. Millar gehört zu den glaubhaft Geläuterten, steht zu seiner Vergangenheit: "Ich bin ein Ex-Doper."
Soweit ist LaShawn Merritt nicht. Der US-Sprinter, Peking-Olympiasieger über 400 m, war 2010 positiv getestet und 21 Monate gesperrt worden. Ein Mittel zur Penisvergrößerung sei verantwortlich, beteuerte Merritt steif und fest: "Auf der Bahn hat es mich nicht weitergebracht. Da bin ich mit Fähigkeiten gesegnet."
Merritt erstritt vor dem Internationalen Sportsgerichtshof CAS sein Olympia-Startrecht. Die Richter urteilten, dass ein Startverbot über das Ende der Sperre hinaus eine unzulässige Doppelbestrafung darstelle. Davon profitierten neben Merritt und Millar auch Justin Gatlin, 100-m-Olympiasieger von Athen, und US-Schwimmerin Jessica Hardy, die am Sonntag Staffelbronze holte.
Und so tummelt sich eine ganze Herde schwarzer Schafe in olympischen Gefilden, teils mit Goldchancen. Da ist Russlands Hammerwerferin Tatjana Lyssenko, deren Fall der Heidelberger Anti-Dopingkämpfer Werner Franke als "besonders pervers" einstuft: "Sie hat mit einem Mittel gedopt, das normalerweise bei Brustkrebspatientinnen eingesetzt wird."
Yohan Blake, Konkurrent und Landsmann von Jamaikas Supersprinter Usain Bolt, brummte ebenfalls bereits eine Sperre ab wie Hammerwerfer Iwan Tichon. Der Weißrusse, zweitbester Werfer der Geschichte, war vier Jahre in der Versenkung verschwunden - und führt plötzlich wieder die Weltrangliste an.
Es zieht sich quer durch alle Sportarten: Italiens Fechtstar Andrea Baldini - sechs Monate Sperre 2008. Chinas Judo-Starschwergewicht Tong Wen - 2009 erwischt, Sperre wegen Formfehlers aufgehoben. US-Fußballerin Hope Solo - 2012 positiv getestet, nur verwarnt.
Schuldbewusstsein ist kaum vorhanden, im Kampf um Ruhm und Geld wird auf olympische Ideale gepfiffen. "Ich bin kein Doper", sagte Merritt, "ich habe nur einen Fehler gemacht." Alles halb so schlimm also.