Nahost-Konflikt Israel und Hamas einigen sich auf erste Phase in Trumps Friedensplan

Palästinenser feiern "Ende des Blutvergießens"
Palästinenser feiern "Ende des Blutvergießens"
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Seit Anfang der Woche verhandeln Vertreter von Israel und Hamas über den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump. Nun gibt es erste Erfolge.

Israel und die islamistische Hamas haben laut US-Präsident Donald Trump erste wichtige Abmachungen im Ringen um eine Beilegung des Gaza-Kriegs getroffen. Sowohl das Vermittlerland Katar als auch die Hamas und Israel bestätigten die Einigung. Konkret werden demnach alle Geiseln bald freigelassen und Israel wird seine Truppen auf eine vereinbarte Linie zurückziehen, wie der Republikaner auf der Plattform Truth Social bekanntgab: "Alle Parteien werden fair behandelt."

"Ich bin sehr stolz, bekannt geben zu können, dass Israel und die Hamas der ersten Phase unseres Friedensplans zugestimmt haben", erklärte Trump auf Truth Social. Weiter schrieb er von einem "ersten Schritt hin zu einem starken, dauerhaften und ewigen Frieden".

Trump dankte weiteren Vermittlerländern in dem Konflikt – Katar, Ägypten und der Türkei. Im ägyptischen Scharm El-Scheich hatten indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der Islamistenorganisation Hamas über einen von Trump vorgestellten Friedensplan stattgefunden. Damit ist zwei Jahren nach dem Beginn des Gaza-Kriegs ein Durchbruch gelungen.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu schrieb in einer kurzen Mitteilung auf X von einem "großartigen Tag für Israel". Er wolle am Donnerstag die Regierung einberufen und das Abkommen genehmigen lassen, verkündete Netanjahu und bedankte sich bei Donald Trump "für den Einsatz in dieser heiligen Mission, unsere Geiseln zu befreien".

Gaza: Israel und Hamas bestätigen Einigung

In ihrer Mitteilung bestätigte die Hamas, dass die Einigung einen israelischen Rückzug aus der Küstenenklave sowie einen Austausch von Geiseln gegen Gefangene umfasse. Die Hamas forderte Trump und die Garantiemächte auf, sicherzustellen, dass Israel die Waffenruhe vollständig umsetze, hieß es in der Erklärung weiter.

 

Israels Armee soll sich laut Trumps Plan auf eine vereinbarte Linie zurückziehen, um die Geiselfreilassung vorzubereiten. Wo diese Linie exakt verlaufen soll, war zunächst allerdings unklar. Netanjahu sagte zuletzt, das israelische Militär solle weiterhin strategisch wichtige Gebiete "tief im Gazastreifen" kontrollieren. Der vollständige Rückzug ist laut Trumps Plan erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen, wenn eine internationale Stabilisierungstruppe (ISF) für Sicherheit vor Ort sorgt.

Die Geiseln sollen innerhalb von 72 Stunden nach der Unterzeichnung des Abkommens freikommen, verkündete die Hamas. Während der ersten Phase der Vereinbarung sollen insgesamt 20 lebende Geiseln im Austausch gegen rund 2000 in israelischen Gefängnissen inhaftierte Palästinenser freigelassen werden, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag aus Hamas-Kreisen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind. 

Trump sagte am Abend (Ortszeit) in einem Interview mit dem Sender Fox News, dass er davon ausgehe, dass alle Geiseln bis Montag zurückkommen werden. Dazu gehörten auch die Leichen der Geiseln, die nicht mehr am Leben sind. Trump sagte außerdem, dass die USA eine Rolle beim Wiederaufbau des Gazastreifens und der Wahrung von Frieden und Sicherheit spielen würden.

Zuvor hatte Trump bereits angekündigt, "möglicherweise" am Ende der Woche in den Nahen Osten zu reisen. "Wir werden sehen, aber die Chancen stehen gut", sagte er vor Journalisten und fügte hinzu, dass dies "vielleicht schon am Sonntag" der Fall sein könnte. Weiter sagte der US-Präsident, dass er wahrscheinlich nach Ägypten reisen werde. Er ziehe es aber auch in Erwägung, den Gazastreifen zu besuchen.

Gibt die Hamas ihre Waffen ab?

Nicht erwähnt wird bisher ein wichtiger Knackpunkt des Friedensplans: die Entwaffnung von Terroristen im Gazastreifen. Das sieht Trumps Friedensplan vor: Sobald alle Geiseln freigelassen sind, bekommen demnach Hamas-Mitglieder, die sich zu friedlicher Koexistenz und zur Niederlegung ihrer Waffen verpflichten, Amnestie. Die USA sind überzeugt, dass der Terror wiederkommen wird, wenn es keine Entwaffnung gibt. US-Außenminister Marco Rubio sagte am Sonntag zu den längerfristigen Zielen, zu denen auch eine Entwaffnung gehöre: "Das wird schwierig sein, aber es ist entscheidend, denn ohne das wird es keinen dauerhaften Frieden geben. Man mag die Geiseln zurückbekommen, man mag eine Einstellung der Feindseligkeiten erreichen, aber langfristig wird sich alles wiederholen."

Die USA hatten betont, dass es zwei Phasen der Verhandlungen gäbe. Zum einen die über die Geiselfreilassung, die absolute Priorität habe. Zum anderen eine zweite Phase, in der der langfristige Frieden gesichert werden sollte. Darunter zählten die USA auch die Entwaffnung. 

Familien der Geiseln begrüßen Einigung

Die Familien der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln haben den Durchbruch bei den indirekten Verhandlungen begrüßt. "Das ist ein wichtiger und bedeutender Schritt auf dem Weg, alle nach Hause zu bringen, aber unser Kampf ist noch nicht vorbei und wird erst enden, wenn die letzte Geisel zurückgekehrt ist", hieß es in einer Mitteilung des Forums der Geisel-Familien. Sie hätten die Nachricht von der Einigung auf die erste Phase des US-Friedensplans mit einer "Mischung aus Aufregung, Vorfreude und Besorgnis" aufgenommen.

Bilder aus Tel Aviv aus den frühen Morgenstunden zeugen von Erleichterung und Freude angesichts der Nachrichten über eine Einigung zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Die Bilder stammen vom sogenannten Geiselplatz im Zentrum von Tel Aviv, dem Ort zahlreicher Kundgebungen und Versammlungen der vergangenen zwei Jahre, an dem Angehörige und Unterstützer das öffentliche Bewusstsein für die Verschleppten wachhalten. Später leerte sich der Platz weitgehend, weil es regnete, wie die "Times of Israel" schreibt. Auf einem Foto ist ein Mann mit Regenschirm zu sehen – andere haben sich in Israel-Flaggen gehüllt. 

Auf einem Foto aus der Nacht wird eine amerikanische Flagge geschwenkt – ein Zeichen dafür, dass der lang ersehnte Durchbruch der US-Regierung von Präsident Donald Trump zugeschrieben wird. "Wir können endlich wieder atmen", heißt es in einem online veröffentlichten Brief des Forums der Geiselfamilien an Trump, in dem die Angehörigen ihn einladen, sie bei einem möglichen Besuch in Israel zu treffen oder gar auf dem Platz eine Rede zu halten.

Angehörige und Unterstützer der israelischen Geiseln feiern in Tel Aviv
Angehörige und Unterstützer der israelischen Geiseln feiern nach der Bekanntgabe, dass Israel und die Hamas sich auf die erste Phase eines Friedensplans geeinigt haben
© Ohad Zwigenberg / AP / DPA

Die indirekten Verhandlungen hatten am Montag begonnen, mit dem Ziel, den seit zwei Jahren laufenden Gaza-Krieg schrittweise zu einem Ende zu führen. Unter anderem der US-Sondergesandte Steve Witkoff, Israels Minister Ron Dermer und Chalil al-Haja, der höchste Vertreter der Hamas im Ausland, reisten dafür nach Scharm El-Scheich. Versuche, den Gaza-Krieg zu beenden, waren in der Vergangenheit mehrfach gescheitert.

Ausgelöst worden war der Krieg im Gazastreifen durch den Überfall von Kämpfern der Hamas und mit ihr verbündeter Islamisten auf Israel am 7. Oktober 2023. Nach israelischen Angaben wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet. 251 Menschen wurden in den Gazastreifen verschleppt.

Seither geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 67.100 Menschen getötet. Die humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet ist katastrophal.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

AFP · DPA
sei/rw

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