Indiens Ministerpräsident Narendra Modi äußerte die Hoffnung, der WHO-Gipfel werde Bemühungen zur Nutzung des Potenzials von traditioneller Medizin "intensivieren". Modi gilt als Verfechter von Yoga und traditionellen indischen Gesundheitspraktiken.
Die WHO definiert traditionelle Medizin als "das Wissen, die Fertigkeiten und Methoden", die von verschiedenen Kulturen "im Laufe der Zeit zur Behandlung und Vorbeugung von körperlichen und geistigen Krankheiten" entwickelt wurden. Diese basierten auf "Erfahrungen, Theorien und Überzeugungen" der jeweiligen Kulturen.
Die traditionelle Medizin hat weltweit viele Anhänger, aber auch Kritiker. Diese werfen ihr mangelnde wissenschaftliche Glaubwürdigkeit sowie fehlende Beweise für ihre Wirksamkeit vor. Tierschützer weisen darauf hin, dass in der traditionellen Medizin die Nachfrage nach tierischen Bestandteilen so groß ist, dass sie die Existenz bestimmter Tierarten bedroht.
Aufgabe der WHO sei nun, "sicherzustellen, dass traditionelle Medizin wie jede andere Medizin sicher, evidenzbasiert und gleichberechtigt" in die Gesundheitssysteme integriert werden könne, erklärte die Leiterin des in Indien ansässigen Globalen Zentrums für traditionelle Medizin, Shyama Kuruvilla.
Nach Angaben der WHO basieren 40 Prozent der zugelassenen Arzneimittel auf Naturprodukten. Aspirin basiere etwa auf Rezepturen aus Weidenrinde, die Antibabypille sei aus Yamswurzeln entwickelt worden und Krebsbehandlungen für Kinder basierten auf einer Pflanze aus Madagaskar.
Mithilfe des technologischen Fortschritts, insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz, befinde sich die Forschung nun an einem Wendepunkt, um traditionelle Heilmittel auch wissenschaftlich fundiert anwenden zu können, erklärte Kuruvilla.
Künstliche Intelligenz könne "Millionen von Verbindungen untersuchen und uns dabei helfen, die komplexe Struktur pflanzlicher Produkte zu verstehen und relevante Bestandteile zu extrahieren, um deren Nutzen zu maximieren und Nebenwirkungen zu minimieren", erklärte die WHO- Chefwissenschaftlerin Sylvie Briand. Fortschrittliche Bildgebungsverfahren, darunter Gehirnscans, könnten zudem Aufschluss darüber geben, wie sich traditionelle Gesundheitspraktiken wie Meditation und Akupunktur auf den Körper auswirken.
Die WHO kündigte zudem an, das weltweit größte digitale Archiv für Forschungsarbeiten über traditionelle Medizin einzurichten. Darin sollen über 1,6 Millionen wissenschaftliche Datensätze gesammelt werden, um die Evidenzbasis traditioneller Medizin zu stärken und den Wissensaustausch zu verbessern.
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