Manchmal steckt hinter der hässlichen Fratze ein wahrhaft gutes oder edles Geschöpf. Nehmen wir den Elefantenmenschen, Hulk, den Grinch, Shrek, Yoda oder gerne auch Chewbakka. Meistens ist es in Filmen aber so: Böse Visage bedeutet schmutziges Wesen. Nehmen wir den Joker, den Weißen Hai, Voldemord, Gollum, Darth Vader oder gerne auch Jabba der Hutte. Letzterer ist in der legendären "Star Wars"-Reihe Anführer einer Verbrecherorganisation, die ihre Kohle mit unerlaubten Waffendeals macht. Er war es, der Han Solo und seine Kumpels dem Sarlacc (ziemlich ätzender Allesfresser) als Futter andienen wollte, weshalb die gute Prinzessin Leia den wabbeligen Jabba ungeachtet seiner megadicken Halsmuskeln erwürgte. Jawoll, erdrosselte! Der raupenartige Fettwanst hatte es - so muss man es sehen, schließlich befanden sich alle im Krieg der Sterne - nicht anders verdient.
"Terrorist Jabba der Hutte"
Das Bausteinchen-Unternehmen Lego ließ Jabba in seiner "Star Wars"-Reihe wieder auferstehen. Der Bausatz "Jabba's Palace" für rund 140 Euro für "Kinder 9 bis 14 Jahre" wurde einem Buben in Österreich, so erzählt es die Geschichtsschreibung, zur Weihnachtszeit vermacht. "Es stellte sich jedoch heraus, dass die Lego-Schachtel pädagogischen Sprengstoff enthält." Zumindest in den Augen der Political-Correctness-Hüter der Türkischen Kulturgemeinde Österreichs. Generalsekretärin Dr. Melissa Günes erteilte dem Erziehungsberechtigten eine Eins plus für gutes Benehmen. "Der Vater reagierte richtig und tauschte den Bausatz im Geschäft um." Denn dieser hatte nach Einschätzung von Günes "tatsächlich pädagogisch verwerfliche Mängel und kulturell fragliche Assoziationen".
Die zu bastelnde Lego-Hütte von Jabba dem Hutten (Original: "Jabba the Hutt") samt Turm seien "ein 1:1-Abklatsch der Hagia Sophia in Istanbul oder der Moschee Jami al-Kabir in Beirut und eines Minaretts. Die Figur im Turm (Gamorreanische Wache) wäre dann mit einem Vorbeter zu assoziieren (als Krimineller mit Axt und Sturmgewehr!)." Es böten sich auch Assoziationen mit Bauten anderer Religionsgemeinschaften an. "Das Modell ähnelt Sakralbauten, egal ob Kirche, Moschee, Synagoge oder Tempel. Der Terrorist Jabba der Hutte liebt es, Wasserpfeife zu rauchen und seine Opfer töten zu lassen." Die Szenerie bediene insgesamt "rassistische Vorurteile und gemeine Unterstellungen gegenüber den Orientalen und Asiaten als hinterlistige und kriminelle Persönlichkeiten (Sklavenhalter, Anführer von Verbrecherorganisationen, Terroristen, Verbrecher, Mörder, Menschenopferung)".
"Wir bedanken uns und gratulieren Lego"
Die Kulturgemeinde drohte dem Unternehmen mit Klagen wegen Volksverhetzung in Österreich, Deutschland und der Türkei. Zunächst schlug der Konzern mit aller Macht zurück. "Von Rassismus und Volksverhetzung ist Lego so weit entfernt wie kaum ein anderes Unternehmen", sagte Europa-Chef Dirk Engehausen Ende Januar der "Welt am Sonntag". Der Konzern kündigte dennoch einen Dialog mit der türkischen Gemeinde an, weil die Vorwürfe ernst genommen werden müssten. Nun, ganze zwei Monate später, erklärte die Firma, den Bausatz ab 2014 vom Markt zu nehmen. Obwohl der Konzern auf seinem Standpunkt beharrt, dass sich das Design von Jabba's Palast "nur auf die fiktive Inhalte der Star Wars Saga" beziehe.
Das Blatt habe sich gewendet, bejubelte die Türkische Kulturgemeinde in Österreich ihren Sieg über das Bausteine-Imperium. "Wir bedanken uns und gratulieren Lego zur Entscheidung", erklärte Obmann Birol Kilic nach einem Treffen mit diversen Vertretern der Firma, unter ihnen Chefdesignerin Marta Tantos. Generalsekretärin Günes bekräftigte, dass "ein Bösewicht, der orientalische Wasserpfeife raucht und eine Prinzessin als Bauchtänzerin in Ketten gefangen hält", dieser "Fall von kulturellem Rassismus" nichts in Kinderzimmern verloren habe. "Mit dem Spielzeug werden eindeutig Orientalen und Asiaten diffamiert, indem Klischees in Plastikmännchen gegossen werden." Die Gemeinde stellte zudem fest, dass der Name "Al Jabbar" im Arabischen mit "der Allmächtige" zu übersetzen und einer der 99 Namen für Allah im Koran sei. Im Hebräischen werde das Wort mit "Lob" übersetzt.
Achtung Laserschwert!
Die Dänen dementieren, dass sie das Produkt wegen der Kritik aus den Regalen nehmen wollen. Das Sortiment habe "in der Regel einen Lebenszyklus von ein bis drei Jahren", hieß es in einer Erklärung. Für den Palast von Jabba wäre so oder so das Ende 2013 gekommen. Offenbar geht das Unternehmen auf Nummer sicher: Im Wachstumsmarkt Asien gibt es zahlreiche muslimisch geprägte Länder. Doch aufgepasst: Yoda, der kleine grüne Kerl mit den Riesenohren, wird auf der Packung des Lego-Videospiels "Star Wars" mit Laserschwert gezeigt. Wer weiß, was dahintersteckt.