Heftige Schneefälle haben den Verkehr in England lahmgelegt. Besonders schwer getroffen haben die Wetterkapriolen die Menschen, die zu dem Zeitpunkt im Straßenverkehr unterwegs waren. Glück im Unglück: Dutzende Autofahrer konnten sich in einem Pub in der Kleinstadt Burwash vor dem Schneegestöber retten – unter ihnen auch eine Deutsche mit ihrer Familie.
Die gebürtige Düsseldorferin Alexandra Loske, die seit 25 Jahren im Vereinigten Königreich lebt, geriet mit ihrem Mann und ihrer 15-jährigen Tochter am Nachmittag in das Schneegestöber. Weiterzufahren war zu gefährlich und teils auch gar nicht möglich. "Innerhalb von zehn, 15 Minuten steckten die Autos fest", berichtete sie dem stern. "Wir waren am falschen Ort zur falschen Zeit." In dieser misslichen Lage kamen Loske, ihre Familie und andere Reisende in dem Pub "The Bear Inn" unter.
Britische Gastfreundschaft: Reisende finden während Schneesturm Zuflucht im Pub

Im ersten Pub konnten die Reisenden nicht bleiben
Zunächst hatten sie versucht, sich in einem anderen Pub in Sicherheit zu bringen. Dort wurde ihnen aber mitgeteilt, dass sie – trotz der Wetterlage – nicht länger als ein paar Stunden bleiben konnten. Angeblich, weil das Personal Versicherungsprobleme befürchtete. Also machten sich Loske und die anderen auf die Suche nach einer Alternative. Das Ziel war ein anderer Pub, eben das etwa drei Kilometer entfernte "Bear Inn". "Ich hörte das Gerücht, dass die Leute aufnehmen", so Loske.
Tatsächlich wurde das "Bear Inn" zur Rettung für die bunt gemischte Gruppe. "Da waren Leute mit kleinen Kindern, Babys und Hunden", erzählt Loske. Glücklicherweise war das Auto noch soweit fahrtüchtig, um den Weg zu bewältigen. Im Pub wurden die gestrandeten Autofahrer mit offenen Armen empfangen: "Die Besitzerin sagte: 'Kommt alle rein, wir schicken niemanden weg.' Sie hat auch kein Geld genommen. Im Endeffekt waren es um die 40 Leute."

Bunte Mischung, tolle Stimmung
Da war es schon später Abend – das "Bear Inn" bietet zwar auch Zimmer zum Übernachten an, diese waren aber längst ausgebucht. Dennoch fanden alle Platz, berichtet Alexandra Loske: "Leute, die sich vorher nicht kannten, haben ein Hotelzimmer geteilt. Die Babys bekamen Matratzen auf dem Boden, einige haben auf Decken oder Stühlen geschlafen."
Aus ihrer Notlage machten die Pubgäste das Beste. Die Stimmung innerhalb der Schicksalsgemeinschaft sei "toll" gewesen, schwärmt Loske. Eine Cellistin, die ebenfalls steckengeblieben war, spielte auf ihrem Instrument Bach und Weihnachtslieder. Die Pub-Besitzerin versorgte alle mit Essen und warmen Getränken.

"Ganz viele tolle Menschen"
Loske, die seit 15 Jahren als Kuratorin im "Royal Pavilion" in Brighton arbeitet, kam zusammen mit ihrer Familie sogar unverhofft in den Genuss eines eigenen Zimmers, weil ein Gast ihnen seine Unterkunft überließ. "Ich habe einen Mann angesprochen, der am Tresen saß und den ganzen Abend Kaffee getrunken hat. Er arbeitete in dem kleinen Supermarkt gegenüber und kam nicht mehr nach Hause", erzählte sie dem stern. "Er hat uns dann um Mitternacht sein Zimmer angeboten, weil wir zu dritt waren und er allein. Sogar mit Dusche!"
Es war nicht die einzige Begegnung, die Loske im Gedächtnis geblieben ist. Am nächsten Tag beruhigte sich die Wetterlage, gegen Mittag konnten sich alle wieder auf den Weg machen. Das Intermezzo in dem kleinen Dorfpub hat dennoch viel Eindruck hinterlassen. "Es war eine echte Weihnachtsgeschichte", findet die Deutsche. "Es gibt hier trotz Brexit und allem anderen auch ganz viele tolle Leute. Und so ein richtig netter Dorfpub ist eine der schönsten Sachen hier in England."