US-Forscher vermuten hinter dem Zentrum der Milchstraße einen Zwilling unserer Galaxie. Die Zwillingsgalaxie könnte sich hinter dichten Gaswolken verbergen, die den Blick hinter das Milchstraßenzentrum verhindern, spekulieren die Astronomen Avi Loeb und Ramesh Narayan vom Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik im amerikanischen Cambridge. Eine Zwillingsgalaxie in ähnlicher Größe wie die Milchstraße und in einem Abstand von drei Millionen Lichtjahren könnte einen hinreichenden Schwerkraftsog ausüben, um die Bewegung unserer Galaxie zu erklären, berichtet der Onlinedienst des Wissenschaftsmagazins "New Scientist".
Die Forscher berechneten die Bewegung unserer Milchstraße gegenüber der sogenannten kosmischen Hintergrundstrahlung. Diese Strahlung ist gewissermaßen der Nachhall des Urknalls. Sie trifft von allen Seiten gleichmäßig auf die Milchstraße und erlaubt das genaue Bestimmen der Milchstraßenbewegung. Außerdem berechneten die Forscher, wie stark Galaxien mit Abständen von bis zu 400 Millionen Lichtjahren die Bewegung der Milchstraße beeinflussen.
Andere Astronomen zweifeln an der Theorie
Allein die bekannten Galaxien in der Umgebung können aber Richtung und Geschwindigkeit der Milchstraße nicht ganz erklären, erkannten die Forscher. Daher nahmen sie an, dass es in dem verborgenen Bereich hinter dem Zentrum der Milchstraße eine weitere Galaxie oder sogar ganze Galaxiensysteme geben könnte. Die Forscher berechneten Masse und Abstand dieser hypothetischen Sternsysteme, um die Milchstraßenbewegung auf Basis der Galaxienverteilung und der Hintergrundstrahlung in Einklang zu bringen.
Den Berechnungen zufolge könnte hinter dem Zentrum der Milchstraße eine ähnlich große Galaxie in drei Millionen Lichtjahren Abstand liegen. Alternativ wären auch Galaxiencluster in 70 Millionen Lichtjahren Abstand denkbar. Andere Astronomen wie Brent Tully von der Universität von Hawaii in Honolulu sind allerdings der Meinung, dass ein Zwillingssystem zur Erklärung der Milchstraßenbewegung nicht nötig sei. Es gebe weit jenseits der von den Forschern Loeb und Narayan betrachteten Galaxien noch große Galaxienanhäufungen wie den Shapley-Supercluster in 650 Millionen Lichtjahren Entfernung, die ebenfalls die Milchstraße anziehen. Wenn es Sternensysteme direkt jenseits der Milchstraße gäbe, hätten Astronomen sie längst entdeckt haben müssen, meint Tully.