Führungsakademie der Bundeswehr

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Oberst a.D. Ralph Thiele

Nahost-Konflikt "Wird Jahre dauern": Oberst a.D. Thiele rechnet mit langem Kampf Israels gegen die Hamas

Sehen Sie im Video: Oberst a.D. Ralph Thiele schätzt die Lage zwischen Israel und der Hamas ein.


Thiele ist nicht nur Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft, sondern auch ehemaliger Stabschef am Nato-Defence-College sowie ehemaliger Direktor an der Führungsakademie der Bundeswehr. Er hält die israelische Armee weiter für eine der stärksten und bestbewaffneten Armeen der Welt, sieht aber keine kurzfristigen Erfolgschancen im Kampf gegen die Hamas.


  • Der Kampf gegen die Hamas wird für Israel Jahre dauern
  • Eine Zerschlagung der Hamas ohne Schaden der Zivilbevölkerung ist nicht möglich
  • Wahrscheinlich muss die israelische Armee Planquadrat für Planquadrat im Gaza-Streifen erobern und durchsuchen


Warum so leicht angreifbar? Man hatte ein Überlegenheitsgefühl und gedacht, dass die anderen sich nicht trauen.


Wie stark ist das Militär?
Israel hat über 500.000 Männer und Frauen. Aus dem Portfolio werden sie vielleicht 10.000 rauspicken.
Eine der Varianten ist, das Gebiet des Gazastreifens in Quadrate einzuteilen und sich die nacheinander vorzunehmen. Ich gehe davon aus, wir sehen ein Zusammenwirken von Luftstreitkräften, Seestreitkräften, Spezialstreitkräften und Drohnen.


Wie kann Hamas besiegt werden? Man müsste sie von der Bevölkerung abkoppeln. So lange die Bevölkerung mitmacht, ist die Hamas schwer oder wenn nicht sogar nicht zu besiegen.


Evelyn Rosar spricht mit Oberst a.D. Ralph Thiele, Vorsitzender Politisch-Militärische Gesellschaft.
Ein Kommandant weist in der Ukraine einem Soldaten die Richtung bei einer Schießübung mit Panzer

Krieg in der Ukraine "Ein richtiger Durchbruch könnte gelingen": Warum Oberst a.D. Thiele nun an den Erfolg der Ukraine glaubt

Sehen Sie im Video: Oberst a.D. Ralph Thiele schätzt die Erfolgsmeldungen der Ukraine im Krieg ein.




Thiele, Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft, und ehemaliger Stabschef am NATO Defence College sowie ehemaliger Direktor an der Führungsakademie der Bundeswehr, war lange skeptisch angesichts ukrainischer Erfolgsmeldungen. Jetzt sieht er eine neue Lage, in der ukrainischen Offensive ein Puzzle, in dem sich immer mehr Elemente zusammenfügen…


  • "neue Lage nach Monaten"
  • "es könnte ein richtiger Durchbruch gelingen"
  • Mit den Atacms Raketen kommt eine "ordentliche Hausnummer" und eine "neue Komplexität in die Kriegsführung" 
  • Entscheidung um Taurus-Raketen der Bundeswehr eigentlich gefallen


Zum gemeldeten Durchbruch der Ukraine im Süden


Es handelt sich laut ihm wieder um einen graduellen Durchbruch, aber trotzdem bemerkenswert, denn er betrifft eine dritte Verteidigungslinie und sie haben sich Verteidigungslinie um Linie durchgekämpft auch mit Panzern. "Verspricht im Grunde, dass jetzt ein richtiger Durchbruch gelingen könnte, also eine neue Lage nach vielen Monaten."
Zudem beobachtet er eine neue Strategie bei den Ukrainern, eine Art "Multi Domänen Kriegsführung", heißt die Ukrainer greifen auf verschiedenen Ebenen an. Also Cyberkrieg, gleichzeitig werden Kommunikationsquartiere angegriffen, Ziele auf See etc. Thiele sieht darin einen "qualitativen Fortschritt".
Atacms Raketen:  Die USA werden wohl nur wenige eigene Atacms Raketen an die Ukraine liefern, aber zusammen mit den Waffensystemen aus Frankreich und GB und den Taurus Raketen, wären das insgesamt circa 1000 Präzisionswaffen, die vor allem auf lange Strecke wirken können. Thiele nennt es eine "neue Komplexität der Kriegsführung". Es kann jetzt auch Abnutzung in der Tiefe stattfinden, also Angriffe auf "russische Kommandostellen, logistische Zentren oder Industriestätten". Die Russen haben dem laut Thiele circa 6000 iranische Drohnen entgegen zu setzen. Total unklar noch welche Seite da mehr Vorteile haben wird. Das werden erst die nächsten Monate zeigen. 

Taurus-Raketen der Bundeswehr


"Die Entscheidung ist im Grunde gefallen". Dadurch, dass die USA liefern, wird Deutschland dem jetzt auch zustimmen. Das große Problem wird eher sein, das Projekt auf die Beine zu stellen. Es braucht Soldaten, die die Raketen programmieren. Das können keine Bundeswehr Soldaten sein und Thiele vermutet, dass man jetzt Verträge mit externen Firmen oder ehemaligen Soldaten eingehen wird. Eine Ausbildung der ukrainischen Truppen ist natürlich auch denkbar, dauert aber. Und was man auch unbedingt braucht: Jets, wie die F16 zum Transport der Raketen. "Die F16 werden sicherlich zum Jahresende in der Ukraine eintreffen. Dann werden aber nur einzelne nutzbar sein. Die Ukrainer werden bis Jahresende 2024 brauchen, bis sie die F16 sozusagen ihrer  Mehrheit souverän bedienen können, mit Piloten und auch der ganzen Logistik drumherum."

Zur Reichweite der Taurus und Atacms


Man wird jetzt die Schwarzmeerflotte auf der Krim angreifen können aber mit Taurus auch den Donbass und theoretisch Ziele in Russland. Also, kann es schon sein, dass sich die Ukraine irgendwann die Frage stellt, warum sie diese Waffe nicht auch nach Russland schicken sollten. Das Völkerrecht verbietet das zum Beispiel nicht. Man verschiebt immer weiter das nicht hinten, von dem man denkt, dass es für Putin eine rote Linie ist, sagt Thiele.

Zu Pistorius im Baltikum


Das Baltikum zu verteidigen, wird sportlich. Diese Brigade in Litauen soll eigentlich mehr oder weniger Symbolcharakter haben. Wenn Russland dort angreift, soll diese Truppe die Stellung halten bis Verstärkung von der Nato eintrifft. Aber diese Verstärkung der Nato gibt es so gar nicht in der Form. "Sie schützen ein bisschen. Für den Fall, dass der Korridor zwischen Russland und Königsberg missbraucht wird. Sie könnten Angriffe dort aufhalten." Gleichzeitig sagt er auch: Wir müssen aufpassen, dass wir nicht ständig nur Signale senden und nichts dahinter steckt. 


Tamara Bilic spricht mit Oberst a.D. Ralph Thiele, Vorsitzender Politisch-Militärische Gesellschaft.
Militärexperte Michael Karl, ein weißer Mann mit rundlichem Gesicht, steht vor einer blauen Wand mit weißen Logos

Krieg in der Ukraine Militärexperte sicher: "Mit Waffenlieferungen wird die Ukraine den Gegenangriff erfolgreich führen"

Sehen Sie im Video: Militärexperte Michael Karl erklärt die Rolle von Panzerlieferungen an die Ukraine.




Militärexperte Michael Karl ist Analyst beim German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS), einer Kooperation der Bundeswehr-Uni Hamburg und der Führungsakademie der Bundeswehr.Dort ist Karl Spezialist für Operationsführung Russland/Ukraine, eingesetzte Waffen/Gerät und Geofaktoren (Boden, Wetter).
Karl spricht sich für die Lieferung von "Leopard 2"-Kampfpanzern an die Ukraine aus. Er erklärt auch, warum Panzer nur im Verbund mit anderen Waffen und Luftüberlegenheit militärisch Sinn machen und verweist dabei auf US-Waffenlieferungen. Dabei spricht er von der Lieferung von US-Schützenpanzen an die Ukraine und von der Verlegung von Kampfpanzern "an die Grenze". Damit meint er die Verlegung der Kampfpanzer an die Nato-Ostflanke in Polen, nicht in die Ukraine.

Militärexperte Karl zum Krieg in der Ukraine


Seine wichtigsten Aussagen zur aktuellen Lage im Krieg in der Ukraine:
  • Soledar wird weiterhin von den ukrainischen Truppen gehalten und ist nicht in russischer Hand
  • Auch wenn Bachmut/Soledar fällt: Ukrainische Taktik trotzdem erfahren genug um weiteres Vordringen der Russen zu verhindern
  • Boden in der Ukraine ist gefroren: Es ist derzeit positiv gepanzerte Operationen, Bodenoperationen durchzuführen
  • Kampfpanzer allein führen nicht zum Sieg, die Ukraine braucht das "Gefecht der verbundenen Waffen"
  • Modernere Technologien spielen eine immer wichtigere Rolle (Kampfdrohnen, HIMARS)
  • Es passieren aber auf beiden Seiten viele Fehler mit modernen Technologien
  • Es gab gestern ein Kommandowechsel bei den Russen: Oberbefehlshaber ist nun Generalstabschef Walerie Gerassimow - eigentlich ist er bisher nur als Militärtheoretiker in Erscheinung getreten


"Fallen Bachmut/Soledar würde eine Netzanbindung ins zentrale Gebiet der Ukraine gehen und entscheidend würden dann der Ort Kramatorsk sein", ein strategisch wichtiger Ort, deswegen ist das halten von Bachmut und Soledar so wichtig."
"Allerdings ist die ukrainische Taktik schon so ausgewogen und erfahren" selbst ein Fallen der Orte würde eine flexible Verteidigung der Ukraine nicht verhindern, sie wären trotzdem in der Lage einen Zugang zu Kramatorsk zu verhindern."

Zusammenspiel von Schützen- und Kampfpanzern


"Ein Schützenpanzer im Gefecht funktioniert mit dem Kampfpanzer zusammen, die Amerikaner haben das nicht nur erkannt, sondern zeigen es auch damit, dass sie Schützen und Kampfpanzer an die Grenze gebracht haben und sie bilden entsprechend auch auf einem deutschen Übungsplatz zukünftige Panzerbesatzung der ukrainischen Streitkräfte  auf ihren Fahrzeugen aus."
"Im Winter, wenn der Boden gefroren ist, dann ist die Offensivfähigkeit besonders gut kämpfen zu können. Man spricht immer davon, man kämpft auf russischen Boden gegen drei Generäle: General Schlamm, General Frost und der General Winter – es ist jetzt optimal anzugreifen."
"Ich denke, wenn entsprechenden Waffenlieferungen an die Ukraine gegangen sind, wird die Ukraine den Gegenangriff führen" – und er ist der Meinung, dass die Ukraine damit erfolgreich sein wird."


Vivian Bahlmann spricht mit Michael Karl, German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS), einem Thinktank der Bundeswehr.