"WG-Gesucht-Partys" Mitbewohner gesucht

Zimmersuche ist anstrengend und mit den Mitbewohnern klappt's auch nicht immer. Deshalb gibt es jetzt "WG-Gesucht-Partys", auf denen man passende Wohngenossen finden kann.

"Brauchst Du morgens eigentlich eher lange im Bad?", fragt der 22-jährige Sascha ungeniert. Was beim ersten Rendezvous vermutlich ein böser Ausrutscher wäre, scheint sein Gegenüber Melanie in diesem Fall aber nicht im Geringsten zu irritieren: Beide sind nämlich auf einer "WG-Gesucht-Party" in einer Wohnung am Hamburger Berg, einer Seitenstraße der Reeperbahn. Die mit gemütlichem 60er-Jahre-Kitsch eingerichtete Wohnung gehört zur Szenekneipe "Barbarabar". Dort treffen sich verzweifelte Obdachsuchende zwischen 18 und 35 Jahren und die heiß Umschwärmten, die zurzeit ein Zimmer frei haben.

Entspannte Party für vier Euro

Wer vier Euro Eintritt bezahlt, darf sich in eines der durchgesessenen Sofas lümmeln und die potenziellen Wohnungsgenossen mustern. "Mein letztes Zimmer war in einer Hippie-WG, da wimmelte es auf dem Boden nur so von Ungeziefer", erzählt der 19-jährige Zivildienstleistende Gregor. Anekdoten über ungepflegte und ordnungsscheue Putzverweigerer kann hier fast jeder erzählen. So ist es einfach, ins Gespräch zu kommen. Doch bei Horrorgeschichten über verschimmelten Käse im Kühlschrank und Mitbewohner, die sich als Drogen-Dealer entpuppten, fragt sich mancher, ob wohl überhaupt ein netter und unkomplizierter Wohnpartner zu finden ist.Die Veranstalter Dirk Savelsberg und Gabriel Mendoza, beide Studenten, haben einen großen Stadtplan an die Wand gepinnt, auf dem jedes freie Zimmer mit einem nummerierten Fähnchen vermerkt ist. Daneben hängen Steckbriefe mit den wichtigsten Informationen zur Wohnung und einer kurzen Beschreibung des Wunsch-Mitbewohners. "Wir haben selbst schon in mehreren Wohngemeinschaften gelebt und wissen, dass es extrem schwierig sein kann, das Passende zu finden", sagt Mendoza.

In Paris schon längst etabliert

Was in der Hansestadt noch neu ist, hat sich in München schon fast etabliert: Immerhin zwei Mal gab es bereits im Nachtclub K41 eine ähnliche Feier mit 200 Mitbewohner suchenden Gästen. Auch in Berlin und anderswo möchte Lysander Mende, Betreiber der Internetseite "WG-Gesucht", in Zukunft WG-Partys veranstalten.Die Idee, die oftmals anstrengende Suche nach einem WG-Zimmer in eine entspannte Party zu verwandeln, stammt eigentlich aus Paris. Die von Vereinsamung und ständig steigenden Mietpreisen geplagten Franzosen treffen sich schon seit gut drei Jahren zu dieser abgewandelten Form der "Fisch sucht Fahrrad-Singlepartys", die seit den neunziger Jahren in Deutschland sehr beliebt sind.Die Hamburger müssen für die unkonventionelle Art der Wohnraumsuche jedoch erst noch begeistert werden: Nur rund 30 Leute kamen zur ersten Party.

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Dorothée Brandt / DPA

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