In der NFL ist es wie so oft im Sport manchmal entscheiden Hundertstel, Tausendstel oder Zentimeter über Wohl und Wehe. Im Falle der der Combine in Indianapolis eben nicht über Sieg oder Niederlage, sondern über ein paar Nullen mehr auf dem späteren NFL-Gehaltsscheck. Nicht zwangsläufig, aber wer sich in den paar tollen Tagen von Indianapolis nicht topfit zeigt, kann schon Mal das Draftboard runterpurzeln oder aber auch andersrum.
Für den interessierten Nicht-NFL-Fachmann will ich die Combine noch einmal kurz erklären. In den Worten des Redaktions-Kollegen Malte Asmus ist das Spektakel ein bisschen so wie die TV-Show Biggest Loser: Einige Dicke laufen oder stolpern über einen Parcours. Zumindest lautete so die Asmussche Beurteilung nach Ansicht der Übungen für die Defensive Lineman.
Ganz so ist es natürlich nicht, doch zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass er weder Quarterbacks, Running Backs, Wide Receiver, Linebacker oder Defensive Backs bei ihren Übungen sah - nur die schweren Jungs der Lines. Kurz gesagt ist die Combine eine Art Fitness-Test für die hoffnungsvollen College-Spieler, die sich zunächst in allgemeinen Übungen wie dem 40-Yard-Sprint, dem Bankdrücken oder den Sprungtests (hoch und weit aus dem Stand) messen, bevor es zu den positionsspezifischen Drills geht.
Das Geistige kommt nicht zu kurz
Da wird es zumindest für mich interessant, bekommt man doch selten Gelegenheit diese zu sehen zumal die Kollegen des ligaeigenen Senders NFL-Network bei der Berichterstattung ganze Arbeit leisten und aufzeigen, wie sich diese Übungen auf Spielsituationen anwenden lassen.
Doch wie sagte Otto in seinem Leinwanddebüt so schön: "Man muss es nicht nur hier haben" unter anderem mit Interviews durch die NFL-Teams und dem sogenannten Wonderlic Test wird den 335 hoffnungsfrohen eingeladenen College-Spielern auch noch "geistig" auf den Zahn gefühlt.
Schön, wenn man den Anforderungen gerecht wird
Einer, der sich bei der Combine hervorheben konnte, war Robert Griffin III, der sich, nach dem Gewinn der Heisman Trophy als bester Collegespieler der Saison, anschickt, seinem Quarterback-Kollegen Andrew Luck den Platz als erster Draftpick streitig zu machen. Er war mit 4,41 und 4,38 Sekunden Schnellster seiner Position über 40 Yards und beeindruckte die Teamverantwortlichen auch die des angeblichen Luck-Ziels Indianapolis Colts in den Interviews. Gerade die Zeit im Sprint überraschte nicht wirklich, war Griffin doch bereits an der High School ein erfolgreicher Leichtathlet.
"Ich hatte die Gelegenheit den Leuten zu zeigen, dass ich genauso bin wie versprochen. Ich mag es Leute zum lachen zu bringen und kann mich an keines der Meetings mit den Teams erinnern, wo am Ende nicht gelacht wurde", freute sich Griffin, kurz RG III genannt, gegenüber nfl.com. "Man geht hier einfach hin und versucht Werbung für sich zu machen", erklärte der Quarterback seine Aufgabe in den Tagen des Combine kurz und griffig weiter.
Aufstieg ohne Fall
Dass RG III nur per Combine seine Chancen erhöht, vielleicht doch vor Luck gedraftet zu werden, ist natürlich Quatsch. Die abgelaufene College-Saison war seine beste Bewerbung für einen vielbegehrten vorderen Platz in der NFL-Draft und der Grund, warum er sich frühzeitig dazu anmeldete.
Nimmt man die letzten zwei Spielzeiten zusammen kam der Quarterback der Baylor Bears auf 58 Touchdowns bei 14 Interceptions. Dazu kommen drei Jahre Erfahrung als Anführer einer Offense, die auch den ESPN-Experten Mel Kiper nicht ausschließen lässt, dass er vom ersten NFL-Spieltag an ein Profiteam auf das Feld führen könnte. Weitere Stärken, die die Scouts durch die Bank weg anführen, sind unter anderem seine Wurfgenaugkeit und -stärke, von seiner Athletik ganz zu schweigen.
Was ihn allerdings vom Konkurrenten Luck unterscheidet ist seine Schwäche, den Ball manchmal zu lange festzuhalten. Das Gesamtpaket RG III kommt durchaus an die Anforderungen eines Nummer-Eins-Picks ran Luck ist aber einfach zu gut, um von ihm überholt zu werden.
And the winners are: St. Louis Rams
Die Draftreihenfolge steht fast schon fest zumindest was die Nummern eins und zwei angeht und so gibt es bereits jetzt einen großen Gewinner: Die St. Louis Rams. Die haben nämlich Pick Nummer zwei, aber mit Sam Bradford ebenfalls einen Quarterback, in den sie hohe Zukunftshoffnungen setzen.
Und so hat Griffin den Rams mit seinem Auftreten bei der Combine und dem Ausrufezeichen hinter seinen fast sicheren zweiten Platz die wohl beste Munition für einen Trade gegebenen. Denn welches der Quarterback-hungrigen NFL-Teams möchte nicht einen fast fertigen Spielmacher.
Und Luck?
Bei allem Geschreibe über RG III möchte ich die Frage: Was machte eigentlich RG IIIs Konkurrent Andrew Luck beim Combine nicht unbeantwortet lassen. Der sprang immerhin am höchsten von allen Quarterbacks und gab damit vielleicht auch der Abwandlung eines alten Spruches Recht: Der Nummer-Eins-Draftpick springt nicht unbedingt höher als er muss.
Sven Kittelmann