In einem Jahr fällt auf Geheiß der Europäischen Union die Absicherung der öffentlichen Institute durch Garantien ihrer staatlichen Träger weg. Aber auch ohne "Anstaltslast" und "Gewährträgerhaftung" werden Einlagen nicht in Gefahr geraten, heißt es beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Ob auf private Kunden und Mittelständler eine rigidere Linie etwa bei der Kreditvergabe zukommen könnte, halten Experten indes für offen.
Stichtag 15 Juli 2005
Für den Wandel mit Stichtag Mitte Juli 2005 rüstet sich die größte deutsche Finanzgruppe mit ihren 50 Millionen Privatkunden schon seit längerem. "Wir sind in der Lage, die Stabilität zu gewährleisten", betont DSGV-Präsident Dietrich Hoppenstedt. Als wichtigen Schritt vereinbarten Sparkassen und Landesbanken, den gemeinsamen Sicherungs-Fonds kräftig um 50 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro aufzustocken. Manches Institut wird damit bald mehr in den Haftungsverbund zahlen müssen - je riskanter das Geschäft, desto höher soll künftig der Beitrag ausfallen. Auch das Frühwarnsystem zur Erkennung von Risiken soll noch genauer werden.
Die Sparkassen-Finanzgruppe
Die Sparkassen-Finanzgruppe ist mit 50 Millionen Kunden und einer Bilanzsumme von zusammen 3,3 Billionen Euro der größte Dienstleister der deutschen Kreditwirtschaft. Ihr gehören derzeit 489 Sparkassen, je elf Landesbanken und Landesbausparkassen sowie 37 öffentliche Versicherer an. Dachorganisation ist der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV).
Die Sparkassen mit bundesweit 17.000 Geschäftsstellen beschäftigen 272.000 Mitarbeiter und führen fast jedes zweite Girokonto hier zu Lande. Größtes Institut ist die Hamburger Sparkasse (Haspa), das kleinste die Stadtsparkasse im niedersächsischen Bad Sachsa. Die Zahl der Sparkassen geht seit Jahren auf Grund von Fusionen zurück. Sie gehören überwiegend kommunalen Trägern, aus historischen Gründen gibt es aber auch sieben freie Sparkassen, darunter die Haspa.
Die Sparkassen-Gruppe bildet mit den Genossenschaftsbanken und den Privatbanken das Drei-Säulen-System der deutschen Kreditwirtschaft.
Neben der Absicherung für den nie da gewesenen Zusammenbruch einer Sparkasse oder Landesbank kommt die Staatshaftung dem öffentlich-rechtlichen Lager bisher aber auch im praktischen Geschäft zugute - sehr zum Ärger der Konkurrenz in den privaten Bankkonzernen. Denn die unerschütterliche Bonität der öffentlichen Hand im Rücken bedeutet ein hochwertiges "Rating". Und diese Einstufung der Kreditwürdigkeit entscheidet mit darüber, zu welchen Kosten die Institute sich auf den Finanzmärkten Fremdkapital beschaffen können. Wappnen müssen sich nun vor allem die Landesbanken, da sie sich erheblich auf internationale Geldquellen stützen.
Verbund soll enger zusammenrücken
Bei den meisten Sparkassen herrscht dagegen relative Gelassenheit. "Bis auf zwei Institute verfügen die Sparkassen derzeit über kein Rating", sagt Thomas Schürmann, Leiter der Rechtsabteilung beim DSGV. Die Refinanzierung laufe vielmehr weitgehend über die eigenen Einlagen. Doch spurlos geht der Wandel auch an den Sparkassen nicht vorbei. Schließlich sind einige von ihnen selbst Träger von Landesbanken. Die Finanzgruppe dringt denn auch aus diesem Grund auf eine engere Zusammenarbeit des gesamten Verbunds - je besser die Ertragskraft aller, desto größer die Aussicht auf gute künftige Ratings. Vor allem Prozesse jenseits der Kundenzonen in den Filialen sollen damit noch effizienter werden.
Ob auch Sparkassenkunden den Wandel zu spüren bekommen, lasse sich noch nicht genau absehen, sagt Achim Tiffe, Experte für Kapitalmarkt-Recht beim privaten Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg. Dass eine teurere Refinanzierung bis zu den Kunden durchschlage, sei keinesfalls automatisch. Die Sparkassen hätten viele Möglichkeiten, die Ertragskraft zu bessern, auch indem sie weiter fusionierten. "Mit teureren Krediten ist kaum zu rechnen, da sie schon jetzt im Marktumfeld meist nicht sehr günstig sind", meint Tiffe. Zeigen müsse sich aber, ob die Sparkassen auch mit weniger Staat im Rücken bei ihrer Stärke blieben, nämlich der engen Verankerung bei Firmen und Privatkunden in der Region.
Rigidere Kreditvergabe?
"Ein denkbares Szenario wäre, dass Kredite bei möglichen Risiken rigider vergeben werden könnten", sagt Tiffe. Davon wären besonders kleine und mittlere Firmen betroffen, die bisher noch am ehesten auf die Sparkassen setzen können. Verbandspräsident Hoppenstedt warb indes kürzlich trotz aller Vorsicht bei der Prüfung von Risiken für die Mittelstandsfinanzierung als "Kerngeschäft" der Gruppe. "Das muss so bleiben."