Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr Gegenüber im Restaurant nicht verstehen, weil sowohl das Geplapper am Nebentisch als auch das Geklapper des Geschirrs beim Essen Sie zu sehr stören. So geht es vielen Menschen, die schwerhörig sind. In Deutschland leben fast 12 Millionen Schwerhörige, das macht einen Bevölkerungsanteil von etwa 17 Prozent aus. Auch Veronika Wolter ging es zumindest noch bis vor einigen Jahren so. Die HNO-Ärztin, ist mit neun Jahren wegen einer Hirnhautentzündung ertaubt, kann mittlerweile aber mithilfe eines Cochlea-Implantats wieder hervorragend hören.
Jedesmal im Gespräch nachfragen, wenn etwas nicht verstanden wird, ist vielen Schwerhörigen unangenehm. Das führt dazu, dass sie irgendwann gar nicht mehr ins Restaurant gehen und auch andere Orte mit zu lauter Geräuschkulisse meiden. "Meine Patienten haben wirklich einen unglaublich hohen Leidensdruck, weil dieses Isoliertsein auch viele psychische Auswirkungen hat“, sagt Wolter im Gespräch mit "Die Boss“-Gastgeberin Simone Menne.
"Ich möchte die Ärztin sein, die ich mein Leben lang gesucht habe“
Die 41-Jährige weiß, wovon sie spricht. In der Schule wurde sie gehänselt, wenn sie etwas vermeintlich nicht verstanden hatte. "Diese Situationen waren extrem verletzend, denn ich wurde für etwas ausgelacht, für das ich gar nichts konnte. Es war ja nicht so, dass ich für irgendetwas zu dumm war, sondern dass ich es einfach nicht gehört habe. Das Schlimme war, dass sich nicht zur Mitschüler Späße erlaubt haben, sondern auch Lehrer die Situation genutzt haben, um mich zum Klassenclown zu machen. Das war kaum zu ertragen“, berichtet die Ärztin im Podcast.
Ihren Kindheitswunsch Chirurgin zu werden, hat Sie sich entgegen vieler Widrigkeiten nicht nehmen lassen. Vielmehr dienten ihr die Zweifler als Motivation, es allen zu zeigen, dass man es eben auch als schwerhörige Ärztin nicht nur in den OP, sondern auch in eine Leitungsposition schaffen kann. "Ich möchte die Ärztin sein, die ich mein Leben lang gesucht habe und ich möchte vor allem auch die Klinik aufbauen und leiten, die ich mein Leben lang gesucht habe“, sagt Wolter im Gespräch.
"Auf Augenhöhe mit meinen Patienten sprechen“
Seit einem Jahr leitet die Ärztin eine Hörklinik in Oberbayern und führt dort so einige Neuerungen zum Wohle ihrer Patienten ein. "Ich möchte auf Augenhöhe mit meinen Patienten sprechen. Ich möchte, dass sie sich absolut respektiert und angenommen fühlen und es käme für mich auch niemals in den Sinn, den Patienten zu ignorieren und dann mit den Angehörigen zu sprechen, weil der Patient selbst vielleicht so schlecht hört“, sagt sie.
Wie Gehörlose mithilfe von Cochlea-Implantaten wieder hören können, warum Betroffenheit ein Motivator für eine erfolgreiche Karriere sein kann und warum Veronika Wolter zukünftig durch künstliche Intelligenz sogar noch besser hören wird als "Normalhörende“ erfahren Sie in dieser Folge von "Die Boss“.
Bei "Die Boss – Macht ist weiblich" sprechen Spitzenfrauen unter sich: Gastgeberin und Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne (unter anderem BMW, Deutsche Post DHL, Henkel) trifft Chefinnen aus allen Gesellschaftsbereichen, um mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere zu reden. "Die Boss" erscheint vierzehntäglich immer mittwochs auf stern.de und dem Youtube-Kanal des stern sowie auf RTL+ und allen gängigen Podcast-Plattformen.