Geben Sie es ruhig zu. Über die Altersvorsorge nachzudenken ist mindestens so angenehm wie ein Besuch beim Zahnarzt. Wer mag sich schon, wenn der Frühling uns blüht, die Sonne scheint und die Tage länger werden, mit düsteren Visionen von Überalterung und Altersarmut befassen. Zwar wissen die meisten Deutschen, dass sie in Sachen Rente selbst aktiv werden müssen. Trotzdem schrecken viele davor zurück - etwa vor dem Abschluss der staatlich geförderten Riester-Rente. Mehr als zehn Millionen Arbeitnehmer "riestern" zwar schon, aber rund 20 Millionen noch nicht. Die Zahl der Angebote ist kaum überschaubar. Die Angst, zu viel, zu wenig oder etwas Falsches zu machen, ist groß.
Ein schöner Abend Ende April. Ein Dutzend Hamburger im Alter von 30 bis 50 hat sich einen Stoß gegeben, den ersten Grillabend sausen lassen - und sich zu dem Volkshochschulkurs "Altersvorsorge macht Schule" angemeldet. Ein Bankangestellter, Anfang 30, erhofft sich "unabhängige Informationen". Eine Kellnerin, Ende 40, will endlich wissen, "was man abschließen soll - und was nicht". Und eine Wirtschaftsfachfrau, Anfang 40, möchte "jetzt den inneren Schweinehund überwinden". Alle quälen dieselben Fragen: Wie sorgt man richtig fürs Alter vor? Was bringt die gesetzliche Rente, was betrieblich organisiertes Sparen? Vor allem aber: Wie "riestert" man richtig?
Riester-Rente erscheint besonders kompliziert
Die Riester-Rente, eingeführt im Jahr 2002, benannt nach dem damaligen Arbeitsminister Walter Riester (SPD), erscheint besonders kompliziert. Denn gleich mehrere Fragen sind zu klären: Eignet sie sich generell? Wenn ja, welche Form passt zu mir? Und schließlich: Welchen Anbieter soll ich wählen? Oder: Lohnt sich womöglich - wenn bereits eingestiegen - ein Anbieterwechsel?
Auf einen Blick
Riester-Sparangebote sind ...
... für alle sozialversicherten Arbeitnehmer, Arbeitslosen, pflichtversicherten Selbstständigen, Landwirte, Beamten und Soldaten abschließbar. Ist bei Eheleuten ein Partner "riesterberechtigt", können stets beide "riestern". Jeder braucht dazu einen eigenen Riester-Sparvertrag.
... ab fünf Euro pro Monat erhältlich (bzw. ab 60 Euro pro Jahr, auch "Sockelbeitrag" genannt). Dass mit solch kleinen Beiträgen keine nennenswerte Zusatzrente herauskommt, stimmt nicht unbedingt: Zum einen werden auch staatliche Zulagen angespart und über Jahre mitverzinst. Zum anderen muss es für keinen Sparer arbeitslebenlang bei Minibeiträgen bleiben. Die größtmögliche Förderung des Staates erhält, wer vier Prozent seines Vorjahreseinkommens (maximal 2100 Euro minus Zulagen) ins Riester- Sparen steckt.
... staatlich stark gefördert. Jeder Riester-Sparer erhält ab 2008 eine Grundzulage von 154 Euro pro Jahr. Eltern bekommen pro Kind 185 Euro pro Jahr obendrauf. Für jedes Kind, das nach dem 31. 12. 2007 geboren ist, gibt es sogar 300 Euro Jahreszuschuss. Neben diesen direkten Zugaben erhalten Riester-Sparer auch noch eine jährliche Steuergutschrift. Anrechenbar ist ein Betrag von bis zu 2100 Euro jährlich. Darüber hinaus sind sämtliche Erträge (Dividenden, Zinsen, Kursgewinne usw.) in Riester-Sparverträgen steuerfrei. Sie fallen auch nicht unter die Abgeltungssteuer, die ab dem kommenden Jahr erhoben wird.
... sehr sicher. Alle Riester-Sparverträge garantieren, zum Rentenbeginn mindestens die eingezahlten Beiträge plus sämtliche Zulagen wieder auszuzahlen. Es besteht also kein Verlustrisiko! Wer längere Zeit arbeitslos ist (Hartz IV), muss Riester-Esparnisse nicht auflösen.
... ziemlich flexibel. In der Ansparzeit können die eigenen Einzahlungen beliebig erhöht, verringert oder auch zeitweise ausgesetzt werden (zum Beispiel in Elternzeit). Zudem besteht das Recht auf Anbieterwechsel. In der Auszahlzeit (frühestens ab dem 60. Lebensjahr) können bis zu 30 Prozent des angesparten Geldes auf einen Schlag ausgezahlt werden, der Rest als laufende Rente. Guthaben in Riester-Sparverträgen sind - je nach Variante - abzüglich staatlicher Förderung vererbbar. Ehepartner erben abzugsfrei, sofern sie das Erbe auf einen eigenen Riester-Vertrag übertragen.
Die gute Nachricht zuerst: Riester-Sparen lohnt sich für jeden. Zwar wird seit dem Start immer wieder auch das Gegenteil behauptet, doch die Fakten sprechen fürs "Riestern". Zum einen ist die Sparform von der Politik als Ersatz für das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente eingeführt worden. Wer diese Rentenkürzung ausgleichen will, kommt am Riester-Sparen kaum vorbei. Als eine Art Entschädigung und Anreiz zugleich fördert der Staat den Einstieg erheblich, per Geldzuschuss und Steuervergünstigung (siehe Kasten). Erst wenn eine Riester-Rente ausgezahlt wird, werden darauf (wie mittlerweile auf alle Rentenarten) Steuern fällig. Das ändert nichts daran, dass Riester-Sparen unter dem Strich eine der rentierlichsten und sichersten Langfrist-Geldanlagen ist. Und die Rente gibt's sogar dann noch, wenn man 100 Jahre alt ist und alle anderen Reserven bereits aufgebraucht sind.
Wie viel Zusatzrente genau herauskommen kann, hängt von Form und Anbieter ab. Zur Wahl stehen drei Riester-Arten:
(1) Riester-Fondssparen,
(2) Riester-Rentenversicherung,
(3) Riester-Banksparen.
Was für wen taugt, lässt sich, abgesehen von der Risikobereitschaft, am ehesten am Einstiegsalter des Sparers festmachen. Dann fällt auch die Anbieterwahl nicht mehr allzu schwer. Dabei sind die Dienste so mancher Berater in Banken, Sparkassen oder von Versicherungen nicht immer hilfreich. Denn für die Finanzkonzerne geht es auch um ein Milliardengeschäft. Schon deshalb sind deren Berater häufig schlechte Riester-Ratgeber. Je höher ihre Provision, desto schmaler die Rendite für ihre Kunden. Daraus folgt: Je mehr Eigeninitiative beim "Riestern", desto mehr Zusatzrente ist möglich. Zu solcher Selbsthilfe gibt es viele Tipps.
Hilfreich ist auch der Volkshochschulkurs "Altersvorsorge macht Schule", selbst wenn er bewusst einzelne Riester-Offerten nicht genauer unter die Lupe nimmt. Die neun Frauen und drei Männer waren trotzdem sehr zufrieden - gerade "weil es keine Verkaufsdemo war", wie eine Teilnehmerin sagt. Und: Mit neun Stunden haben die Volkshochschüler nun schon mehr Zeit in ihre Vorsorge investiert als der Durchschnitt der Deutschen. Das dürfte sich im Ruhestand rechnen. In Euro und Cent.