KONKURRENZ Banken liebäugeln mit Börsengeschäft

Nur die Kundenprovision reicht Großbanken nicht länger: Jetzt wollen sie selber mitmischen und der Börse direkt Konkurrenz machen. Dadruch würde Aktienhandel billiger.

Zwischen den Großbanken und der Deutschen Börse ist ein Streit um das Wertpapiergeschäft entbrannt. Als Folge davon kann für Privatanleger der Aktienhandel künftig billiger sein. Denn die Kreditinstitute wollen sich vom Ertragskuchen der Börse ein Stück abschneiden. Bislang gingen sie - abgesehen von der Provision des Kunden - leer aus, wenn sie die Kauf- und Verkaufsaufträge an den Xetra- oder Parketthandel weitergaben. Nun drohen die Bankhäuser der Börse damit, dieses Geschäft hinter den eigenen Mauern abzuwickeln. Der Börse würdenbrächen dementsprechend Einnahmen aus dem Privatgeschäft weg.

Handelvolumen wäre groß genug

»Bei uns gibt es täglich genügend Kauf- und Verkaufsaufträge der Kunden, so dass eine ausreichend hohe Zahl an Aktien pro Tag in Bewegung ist«, heißt es dazu in Bankenkreisen. Damit könnte bei der Deutschen, der Dresdner, der HypoVereins- und der Commerzbank der Börsenhandel simuliert werden. Planspiel Börse - aber mit echtem Profit.

Kunden würden profitieren

Die Kreditinstitute profitierten in diesem Fall zum einen aus der üblichen Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs. Zum anderen müssten sie keine Handelsgebühr mehr an die Börse entrichten. Diese liegt im Xetra-Handel zwischen 1,50 und 17,50 Euro - abhängig vom Wert des jeweiligen Aktienpaketes. Nicht zuletzt wäre dies zum Vorteil der Kunden, an die die Banken die Gebühr bislang weitergeben.

Fast alles läuft über Xetra

Etwa 95 Prozent des Handels mit Aktien oder Rentenpapieren läuft üblicherweise über das Xetra-System. Zwei bis drei Prozent macht der Parketthandel in Frankfurt aus. Der Rest verteilt sich auf den Parketthandel der Regionalbörsen in Düsseldorf, München, Stuttgart, Berlin, Hamburg, Hannover und Bremen.

Lohnende Klientel

Insgesamt lag der Jahresumsatz mit Wertpapieren im vergangenen Jahr bei rund 4.500 Milliarden Euro (8.800 Mrd DM). Etwa 40 Prozent aller Aufträge stammen von Privatanlegern. Das Volumen dieses Geschäfts lässt sich allerdings nicht genau festmachen, da weder die Deutsche Börse noch die Banken über eine exakte Datenbasis verfügen.

Suche nach neuen Finanzquellen

Sicher ist jedoch, dass die Kreditinstitute Blut geleckt haben. Seitdem klar ist, dass auch im Bankensektor die Geschäfte schlechter laufen, sind neue Einnahmequellen höchst willkommen. Die Deutsche Börse hat darauf bereits reagiert. Sie bietet den Kreditinstituten ab Herbst ein neues System an, dass einen bankeninternen Wertpapierhandel ermöglichen soll. Und der Börse das lukrative Privatanlegergeschäft sichert.

'Xetra Best' unprofitabel

Den so umworbenen Banken geht das Angebot aber nicht weit genug. »Xetra Best zwingt uns, die Geschäfte unserer Kunden im Xetra-Handel nachzuvollziehen«, lautet die Kritik. Dies bedeutet, dass die Banken von allen Marktteilnehmern Verkaufsaufträge zum selben Kurs annehmen müssen, wie er den eigenen Kunden gewährt wird. »Daran verdienen wir doch nichts«, empört sich ein Investmentbanker.

Andere Handelsplattformen

Bankenvertreter fassen daher andere Handelsplattformen als künftige Alternativen für das Wertpapiergeschäft ihrer Privatkunden ins Auge. Immerhin gilt die Londoner Börse oder der schwedische Börsenbetreiber OM Gruppen als starke Konkurrenz der Deutschen Börse. »Wir erwarten, dass sich in den nächsten Monaten noch einiges am Markt tut«, warten die Banken daher »bessere Angebote als Xetra Best« in Ruhe ab.

Poker um Konditionen

Die Deutsche Börse wird also nachlegen und den Banken bessere Konditionen gewähren müssen. Dass die Großbanken tatsächlich den gesamten Aktienhandel ihrer Privatkunden künftig selbst abwickeln, ist aber eher nicht zu erwarten. Hierfür müssten sie zunächst ihre eigenen Systeme mit erheblichen Kosten aufrüsten. Derzeit ist nach dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz der Handel außerhalb von Wertpapierbörsen nicht gestattet - wenn es der Anleger nicht ausdrücklich anders wünscht. Doch der Wegfall des entsprechenden Paragrafen ist bereits beschlossene Sache. Der Streit zwischen der Börse und den Banken geht dann in eine neue Dimension. Davon kann der Privatanleger letztlich nur profitieren.