Vermögen Erbschaftsneid – die Altersarmut droht und die Freunde erben reich

Während die einen dank des Erbes den Ruhestand genießen, müssen andere im Alter jobben
Während die einen dank des Erbes den Ruhestand genießen, müssen andere im Alter jobben
© Getty Images
Das Erbe macht den Unterschied, nicht die Karriere. Das erlebte Sarah Burn. Eigentlich dachte sie, dass sie zur Mittelschicht gehört. Jetzt ist es aus mit der Illusion.

Von allen ihren Freunden machte Sarah Burn eigentlich die größte Karriere, nur nützt ihr das nichts. Geerbt wurde schon immer, doch nur in der Oberschicht wurden echte Vermögen weitergegeben. Heute haben große Teile der viel gescholtenen Boomer große Werte zusammengetragen – also kommen auch große Teile der nachwachsenden Generation in den Genuss einer stattlichen Erbschaft. Allerdings erben nicht alle, und das schmerzt, so die Autorin der "Daily Mail", die für den Artikel lieber einen anderen Namen wählte.

"Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass sie aus der Mittelschicht stammen, ich aber, offen gesagt, nicht. Ich wuchs in Armut in einer Sozialwohnung auf", nun mit 60 bemerkt sie, dass sie diesen Makel nie abschütteln konnte. Sie wuchs in einer Sozialwohnung auf, ihre Eltern trennten sich. Ihren Vater verlor sie. Er hinterließ ihr eine Menge Krimskrams und eben gerade genug Geld, um damit die Beerdigung zu bezahlen. Ihr Ehemann hat in etwa den gleichen Hintergrund – eine Familie ohne jedes Vermögen.

Das Erbe im Hintergrund 

Dazu kommen persönliche Faktoren. Der Gatte hat keinen beruflichen Ehrgeiz mehr, seit sein Traum von einer Karriere als Musiker nicht in Erfüllung ging. Das passte so einigermaßen, solange sie als gut bezahlte Angestellte in der Werbung arbeitete. Diesen Job gab sie für ihr behindertes Kind auf, danach arbeitete sie freiberuflich. Vermutlich, bis ihr Sarg "zugenagelt" wird, so die Klage.

Kurzum: Die eigene Lage ist düster. Anders sieht es bei ihren besten Freundinnen aus. Denn die haben auch Verwandte verloren, doch die hinterließen mehr als eine zugemüllte Mietwohnung. Freundin Liz ist 60, so wie Sarah Burn, aber sie genießt seit zehn Jahren einen Luxus-Ruhestand – Erbschaft sei Dank. Ihr "Vater hatte in der Finanzbranche gearbeitet und jetzt, als Einzelkind, wurde Liz so reich, dass sie nie wieder arbeiten musste – also tat sie es nicht." Während die Autorin Angst vor den Kosten des TÜVs hat und sich sorgt, wie sie das Studium ihres Sohnes finanzieren soll, verbringt die Freundin ihre Tage damit, in schicken Läden herumzustöbern, sich Haare und Nägel machen zu lassen, mit ihrem Personal Trainer Pilates zu machen oder den nächsten Urlaub zu planen. Sie ist ehrlich: "Ich liebe meine Freunde. Aber ich gebe es zu, ich bin niederschmetternd neidisch."

Arbeitseinkommen ist nicht genug

Die nächste Freundin, Alison, plant, sich ein Refugium in Frankreich zuzulegen. Finanziert mit dem Erbe ihrer Mutter. Die war im eigentlichen Sinn nicht reich, besaß aber ein Haus in London. In den 1970ern war es erschwinglich und konnte von ihrem Lehrerinnengehalt finanziert werden, heute ist es mehrere Millionen wert. Ein noch größerer Geldsegen regnete auf Freundin Helen herab. Zeitlebens hatte sie nicht viel von ihrem Vater. Die Ehe der Eltern zerbrach. Er zog in die USA und sah seine Tochter kaum. Dafür häufte er ein großes Vermögen an. Das wurde nach seinem Tod auf vier Kinder aufgeteilt. Und Helens Viertel war so bemessen, dass sie ihren drei Söhnen jeweils eine Wohnung kaufen konnte. Sarah Burn sieht dagegen keine Möglichkeit, ihrem Sohn beim Kauf einer Immobilie zu helfen.

Und das sind keine Einzelfälle. Das britische Institute for Fiscal Studies (IFS ) hat genauer hingeschaut, was es für diese Generation bedeutet, wenn einerseits das Arbeitseinkommen im Generationenvergleich stagniert oder sogar abnimmt, umgekehrt aber das Kapital, das vererbt wird, permanent zunimmt. Das Ergebnis: Das Lebenseinkommen der Wohlhabenderen speist sich zu 29 Prozent aus dem Erbe. Und das, obwohl sie schon hohe Einkommen haben. Bei den Ärmeren sind es nur fünf Prozent und auch diese beziehen sich auf ihre niedrigen Gehälter. In absoluten Zahlen ist der Unterschied noch gewaltiger (Die Erbschaft entscheidet, ob Millennials gut leben können oder knausern müssen).

Aushilfe im Supermarkt

Heute ist Sarah Burn desillusioniert, den Aufstieg aus eigener Kraft hat sie nicht geschafft. "Was mich wirklich entmutigt hat, ist die Erkenntnis, dass mein Glaube, ich hätte den Aufstieg geschafft und wäre Mittelschicht wie meine Freunde, immer nur eine Illusion war. Oder sollte ich sagen, eine Wahnvorstellung." Denn die Freunde hatten stets das Vermögen der Familie im Rücken, sie hingegen nur ihre chronisch überzogene Kreditkarte. Inzwischen fühlt sie sich wie die arme Verwandte in einem Jane Austen Roman. Etwa dann, wenn Alison ihr versichert, sie sei immer im neuen Ferienhaus willkommen, oder Liz beflissen die Rechnung im Restaurant begleicht.

In der Zukunft wird es nicht besser werden. Denn von ihrer Mini-Rente kann die Familie nicht leben. Doch sie kann sich auch nicht vorstellen, wie sie mit 70 auf dem Markt mit 35-Jährigen konkurrieren soll. Dann wird die "Kluft zwischen uns zu einem Abgrund", fürchtet sie, weil sie mit dem Lebensstil der Freundinnen gar nicht mehr mithalten kann. Ihre grimmige Vorstellung: Sie muss bis zum Tod als Kassiererin im örtlichen Supermarkt arbeiten und darf dann die Champagnerflaschen von Liz, Helen und Alison einscannen.

Quelle: Daily Mail