Unternehmen Steinbrück gibt einen aus

Das Bundeskabinett hat die Eckpunkte für die Anfang 2008 geplante Unternehmensteuerreform beschlossen. stern.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Vorhaben.

Die Besteuerung von Unternehmen in Deutschland wird neu geregelt. Dazu hat das Kabinett am Mittwoch die Eckpunkte der Unternehmensteuerreform beschlossen. Von 2008 an soll die Steuerlast von Firmen von gegenwärtig knapp 39 Prozent auf unter 30 Prozent gesenkt werden. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, mit der Reform solle der Standort Deutschland attraktiver und wettbewerbsfähiger gemacht werden. Neben einer Steuervereinfachung sollen nach seinen Worten die Verschiebung von Gewinnen ins Ausland deutlich eingegrenzt und die Möglichkeit, im Ausland entstandene Verluste in Deutschland zu verrechnen, erschwert werden.

Kapitalgesellschaften profitieren...

Kapitalgesellschaften seien im internationalen Wettbewerb bisher nicht gut aufgestellt, sagte Steinbrück. Mit der Reform will die große Koalition auch die Investitionskraft der Kommunen stärken. Bei der Unternehmensteuerreform sollen die Steuerausfälle für den Staat mittelfristig auf jährlich rund fünf Milliarden Euro beschränkt werden. Dazu wird die Basis für die Besteuerung der Unternehmen verbreitert.

Profitieren sollen von der Steuersenkung nicht nur Kapitalgesellschaften (AG und GmbH), sondern auch die überwiegend mittelständisch geprägten Personengesellschaften. Sie machen den Großteil aller Firmen aus. Die Entlastungen von Firmennachfolgern bei der Erbschaftsteuer sollen schon vom kommenden Jahr an greifen. Für Kapitalerträge soll 2008 eine Abgeltungsteuer eingeführt werden.

... ebenso Personengesellschaften

Personengesellschaften, die ertragsabhängig Einkommensteuer bis zum Spitzensatz von 42 Prozent plus Soli zahlen, sollen ebenfalls profitieren. Steinbrück zufolge zahlen aber 85 Prozent dieser Firmen weniger als 20 Prozent Steuern. Nur ein Bruchteil zahle mehr als Kapitalgesellschaften, vor allem große Familienunternehmen. Für diese soll die gesellschaftsrechtliche Umwandlung bei Auslandsbeteiligungen so erleichtert werden, dass stille Reserven nicht gehoben werden müssen. Geprüft wird zudem, ob eine Investitionsrücklage steuerlich begünstigt wird oder einbehaltene, nicht ausgeschüttete Gewinne.

Warum sollen Unternehmen nach den deutlichen Steuersenkungen der vergangenen Jahre nochmals entlastet werden?

Union und SPD wollen den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb um Investoren attraktiver machen. Gleichzeitig sollen Gewinne, die in Deutschland entstehen, wieder stärker hier versteuert werden. Verluste, die im Ausland anfallen, sollen nicht mehr so stark zu Lasten des deutschen Steuerzahlers geltend gemacht werden. Die Kommunen sollen eine stetige eigene Einnahmequelle behalten.

Wie stark sollen die Unternehmen entlastet werden?

Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) haben heute im Schnitt eine effektive Steuerlast von 38,65 Prozent - das ist die Summe aus Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Solizuschlag. Dies ist der höchste Satz in ganz Europa. 2008 soll dieser Satz nach dem Willen der Koalition auf 29,16 Prozent gesenkt werden.

Profitieren auch kleine und mittlere Firmen von der Reform?

85 bis 90 Prozent aller deutschen Firmen sind nach Angaben des Finanzministeriums Personengesellschaften. Drei von vier Inhabern haben bereits heute eine Steuerlast von weniger als 15 Prozent. Wie die Betriebe von der Reform profitieren werden, ist noch offen: entweder durch eine Investitionsrücklage oder durch eine generelle Begünstigung des im Unternehmen einbehaltenen Gewinns.

Was kosten diese Pläne den Staat?

Union und SPD wollen die Ausfälle für die Staatskassen auf fünf Milliarden Euro begrenzen. Das bezieht sich auf das Jahr, in dem die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung erstmals voll wirken. Zuvor kann die Reform den Fiskus mehr kosten - die Rede ist von einer "Anschubfinanzierung" von bis zu sieben oder acht Milliarden Euro. Mittelfristig soll "Aufkommen-Neutralität" erreicht werden, also eine Steuersenkung ohne Ausfälle für öffentliche Haushalte.

Wie sollen die Ausfälle im finanziellen Rahmen gehalten werden?

Im Gegenzug zur Steuersenkung will die Koalition die Basis für die Besteuerung der Unternehmen verbreitern. Wie diese neue Grundlage zur Berechnung der Steuerlast aussieht, ist offen. Diskutiert wird, auch ertrags-unabhängige Elemente einzubeziehen. Es würden also auch Steuern gezahlt, wenn ein Unternehmen keinen Gewinn macht. Diskutiert wird die Hinzurechnung aller Zinsen und Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Lizenzen und Leasingraten bei der kommunalen und föderalen Unternehmensteuer. Möglich sind allerdings Freibeträge.

Wird die Besteuerung von Kapitalerträgen neu geregelt?

Ja. Die Koalition will eine Abgeltungsteuer einführen, um die Kapitalflucht ins Ausland zu bremsen und letztlich mehr Einnahmen zu erzielen. Im Gespräch ist, 2008 mit einem Satz von 30 Prozent zu beginnen und ihn 2009 auf 25 Prozent zu senken. Offen ist, welche Einkünfte (Zinsen, Dividenden, Kursgewinne) genau dieser Steuer unterliegen sollen.

Bleibt es bei den Entlastungen bei der Erbschaftsteuer?

Ja. Firmennachfolger sollen bereits von 2007 an durch eine Stundung dieser Steuer entlastet werden. Mit jedem Jahr der Betriebs-Fortführung werden zehn Prozent der Steuerschuld erlassen, so dass diese nach zehn Jahren ganz gestrichen wäre. Diese Privilegierung soll aber aus verfassungsrechtlichen Gründen an Bedingungen wie den Erhalt von Arbeitsplätzen geknüpft werden. Details sind noch offen.

DPA
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