SPD-Urgestein kritisiert Regierung Peer Steinbrück: "Ich halte diese Rentenreform für einen Skandal"

Peer Steinbrück
Ehemaliger Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD: Die Rentenreform sei "im Sinne der Generationsgerechtigkeit völlig falsch justiert"
© Uwe Koch / Imago Images
An den Rentenplänen der Regierung kann der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nichts Gutes finden. Jetzt fordert der 78-Jährige den eigenen Parteinachwuchs zum Widerstand auf.

Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat die Rentenpläne der aktuellen Regierung deutlich kritisiert. "Ich halte diese Rentenreform für einen Skandal", sagte der ehemalige stellvertretende SPD-Vorsitzende bei "phoenix persönlich", das bereits am Samstag ausgestrahlt wurde. "Sie ist im Sinne der Generationsgerechtigkeit völlig falsch justiert, und den Nachhaltigkeitsfaktor weiter zu suspendieren, halte ich für einen massiven Fehler."

Er könne die jungen Abgeordneten der CDU/CSU "sehr gut verstehen", so der 78-jährige ehemalige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, der dies sogleich mit einem Seitenhieb gegen die Jugendorganisation seiner eigenen SPD verbindet: Er wundere sich, warum die Jusos "im Sinne ihrer Generation nicht ebenfalls das Thema sehr kritisch auf den Tisch werfen, nach dem Motto: Diese Rentenreform hat mit Generationengerechtigkeit nichts zu tun". 

Steinbrück sieht "perversen Effekt" bei der Mütterrente

18 junge Abgeordnete der Unionsfraktion, die sogenannte Junge Gruppe, drohen mit ihrem Veto gegen das Vorhaben der Regierung, wodurch der Koalition die Mehrheit im Bundestag fehlen würde. Das Rentenpaket aus dem Haus von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) wurde im Kabinett bereits verabschiedet und wird derzeit im Bundestag beraten. 

Es beinhaltet unter anderem teure Wahlversprechen von zweien der Koalitionspartner: Die SPD hatte im Wahlkampf versprochen, das Rentenniveau auf dem aktuellen Stand von 48 Prozent zu stabilisieren, was bedeutet, dass die Renten stets im gleichen Maße wachsen wie die Löhne. In der Praxis heißt dies auch, dass der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor, der Beitragsanstiege dämpfen soll, ins Leere läuft. Die CSU hat außerdem auf einer erneuten Ausweitung der Mütterrente bestanden, also eine erweiterte Anerkennung von Erziehungsleistungen für vor 1992 geborene Kinder. Die Kosten dieser Ausweitung werden auf fünf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. 

Die jungen Abgeordneten der Union stören sich an den Plänen zur Stabilisierung des Rentenniveaus, genauer, dass der Gesetzentwurf vorsieht, dass das Rentenniveau dadurch auch nach 2031 nachhaltig um einen Prozentpunkt höher liegen soll, als das ohne die jetzige Maßnahme der Fall gewesen wäre – inklusive der entsprechenden Folgekosten. Der Gesetzentwurf beziffert diese auf mindestens 114 Milliarden Euro für die Jahre von 2032 bis 2040. Das aber sei vom Koalitionsvertrag nicht gedeckt, bemängeln die Unionspolitiker, da dieser die Stabilisierung nur bis 2031 vorsieht.

Gegen die Pläne zur Mütterrente hingegen sprechen sich die jungen Unionsabgeordneten nicht aus. SPD-Mann Steinbrück dafür umso deutlicher, der findet, dass diese Ausweitung komplett gestrichen werden sollte. Schließlich habe diese "den perversen Effekt", dass diejenigen Mütter, "die eigentlich aus sozialen Gründen davon profitieren müssten, keinen Cent von den 20 Euro kriegen, weil die angerechnet werden auf die anderen Sozialleistungen". Damit laufe die Mütterrente dort "völlig ins Leere". 

Beide von der Koalition geplanten Vorhaben sollen aus Steuermitteln finanziert werden, also nicht durch die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern an die Rentenversicherung bezahlten Beiträge. Bereits jetzt ist der mit Abstand größte Einzelposten im Haushalt der Bundeszuschuss an die Rentenversicherung. Im Haushaltsentwurf für 2026 sind 127,8 Milliarden Euro vorgesehen. Der Beitragssatz in der Rentenversicherung liegt derzeit bei 18,6 Prozent.

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