Vermögenswirksame Leistungen Auch Kleinvieh macht Mist

  • von Karin Spitra
Nur jeder zweite deutsche Arbeitnehmer nutzt die Möglichkeit, "Geldgeschenke" von Staat und Arbeitgeber anzunehmen: Durch den Verzicht auf vermögenswirksame Leistungen verschenken sie viel Geld.

Auch kleine Sparraten summieren sich zu ordentlichen Guthaben. Dennoch nutzen nur etwa die Hälfte der Arbeitnehmer die Möglichkeit, mit vermögenswirksamen Leistungen (VL) einen Teil des Gehalts direkt in Spar- oder Fondsguthaben anzulegen. Mit dem Verzicht auf VL wird aber nicht nur die staatliche Förderung in Form der Arbeitnehmer-Sparzulage verschenkt, sondern meist auch ein Zuschuss vom Arbeitgeber. Je nach Branche und geltendem Tarifvertrag haben sich viele Unternehmen verpflichtet, ihren Angestellten mit Zuschüssen bei der Vermögensbildung zu helfen. Dabei reicht die Bandbreite von fünf bis zehn Euro Monatsbeteiligung bis hin zur kompletten Übernahme eine Sparrate von 40 Euro pro Monat.

Was genau sind VL?

Vermögenswirksame Leistungen (VL) sind Leistungen nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz (§25), die vom Arbeitgeber direkt auf das vom Arbeitnehmer benannte Anlagekonto überwiesen werden. VL auf Bausparverträge und Produktivkapitalanlagen werden außerdem mit einer Arbeitnehmersparzulage gefördert.

Nach Ablauf einer meist siebenjährigen Sperrfrist bekommt der Arbeitnehmer den Wert seiner VL-Anlage ausbezahlt. Wer in diesen sieben Jahren außerdem bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreitet, bekommt auch noch eine Zulage vom Staat.

Wer hat Anspruch auf VL?

Grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer, Beamten, Richter, Soldaten und auch Auszubildende Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Zahlung. In manchen Fällen bekommen neu eingestellte Mitarbeiter erst nach Ablauf der Probezeit VL ausgezahlt.

Nicht berechtigt sind freie Mitarbeiter, Selbstständige oder Rentner.

Für wen lohnen sich VL?

Wer Anspruch darauf hat, sollte dieses Geldgeschenk auch nutzen. Ein VL-Sparvertrag lohnt sich auch für diejenigen, die vom Chef keine vermögenswirksamen Leistungen bekommen. Sie können - solange sie unter einer bestimmten Einkommensgrenze bleiben - zumindest in den Genuss der Arbeitnehmersparzulage kommen.

Wie bekommt man die VL?

Darum muss sich jeder selber kümmern. Wenn der Sparer einen VL-Sparvertrag (meist bei ihrer Bank) abgeschlossen haben, bekommt er einen Bescheinigung, die er seinem Arbeitgeber vorlegt. - Nur so weiß der Arbeitgeber, wohin er dann das Geld sieben Jahre lang überweisen muss.

Wie viel Geld gibt es?

Wie viel VL der Arbeitnehmer bekommt, ist im jeweiligen Tarifvertrag geregelt. Auskünfte dazu erteilt die zuständige Personalstelle oder der Betriebsrat.

Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bekommen derzeit 6,65 Euro. Noch mehr gibt es für Beschäftigte der Banken: ihnen stehen sogar 40 Euro monatlich zu.

Dabei muss nicht unbedingt ein Teil des eigenen Lohns zugeszahlt werden: Nur, wenn ein Sparvertrag abgeschlossen wurde, dessen Mindesthöhe über dem vom Arbeitgeber "spendierten" Betrag liegt, muss diese Differenz vom eigenen Gehalt gezahlt werden.

Wo kann ich VL anlegen?

Es stehen mehrere Anlageformen zur Auswahl: Die gängigsten sind dabei Bausparverträge und Fonds, gefolgt von Banksparplänen und Kapitallebensversicherungen.

Dabei sollte die gewählte Form gut überlegt werden, weil davon abhängt, ob und in welcher Höhe der Sparer die Arbeitnehmerzulage bekommt.

Staatliche Zuschüsse erhalten VL-Sparer nur, wenn sie in einen Bausparvertrag oder Aktienfonds einzahlen. Dabei muss der Aktienanteil des Fonds bei mindestens 60 Prozent liegen, um den staatlichen Zuschuss in Höhe von 18 Prozent zu erhalten. Gefördert werden jährlich bis zu 400 Euro mit einer Zulage von maximal 72 Euro.

Wer seine VL in einen Bausparvertrag anlegt, bekommt eine Sparzulage von neun Prozent. Gefördert werden jährlich bis zu 460 Euro mit einer Zulage von maximal 43 Euro.

Wann bekomme ich die zusätzliche Arbeitnehmersparzulage?

Entscheidend dafür ist die Höhe des versteuerten Jahreseinkommens. Bei Alleinstehenden darf es höchstens 17.900 Euro und bei Ehepaaren nicht mehr als 35.800 Euro betragen.

Wer allerdings hohe Werbungskosten oder Kinderfreibeträge hat, kann so trotz eines hohen Bruttogehalts noch die Arbeitnehmersparzulage bekommen.

Wie hoch ist die Arbeitnehmersparzulage?

Seit dem 1. Januar 2005 gelten in Ost- und Westdeutschland einheitliche Regeln:

Wer die erforderliche Einkommensgrenze unterschreitet, bekommt eine Zulage von 18 Prozent. Wenn dann 400 Euro eingezahlt sind, endet die staatliche Förderung. Bei Bausparern wird mit neune Prozent gefördert: Bei maximal 470 Euro im Jahr gibt der Staat dann 43 Euro hinzu.

Wie beantrage ich die Arbeitnehmersparzulage?

Die Arbeitnehmersparzulage wird nicht automatisch gutgeschrieben. VL-Sparer müssen sie im Rahmen ihrer Steuererklärung beantragen, indem sie die Bescheinigung ihrer Bank der Anlage N der Steuererklärung beilegen. In Zeile 23 dieser Anlage N muss die Zahl der Bescheinigungen angegeben werden.

Die Antragsfrist für die Arbeitnehmersparzulage 2004 endet übrigens am 31. Dezember 2006.

Die staatliche Förderung wird nicht jährlich ausgezahlt, sondern erst nach Ablauf der siebenjährigen Frist.

Wann ist ein Bausparvertag sinnvoll?

Für Anleger, die gerne auf "Nummer sicher" gehen wollen, ist auf jeden Fall die Anlage der VL in einen Bausparvertrag sinnvoll. Dies empfiehlt sich auch für Sparer, die gar keine Immobilie erwerben wollen. Denn wer im Anschluss an die Ansparphase auf das Bauspardarleben verzichtet, bekommt von den meisten Bausparkassen höhere Zinsen. Das Geld muss übrigens nicht für Bau oder Kauf einer Immobilie verwendet werden. Nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist kann der VL-Sparer frei über das gesamte Kapital verfügen.

Wer seine VL in einen Bausparvertrag einzahlt, kann eventuell auch die Wohnungsbauprämie vom Staat kassieren. Grundsätzlich hat jeder Anspruch darauf, dessen zu versteuerndes Einkommen unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt. Bei Alleinstehenden liegt diese bei 25.600 Euro, bei Verheirateten bei maximal 51.200 Euro Jahreseinkommen.

Wie bei der Arbeitnehmersparzulage kann auch hier das Bruttoeinkommen deutlich über der verlangten Einkommensgrenze liegen, wenn bestimmte Freibeträge und Werbungskosten geltend gemacht werden können.

Die Wohnunsbauprämie von maximal 45,06 Euro im Jahr (Ehepaare: 90,11 Euro) muss bei der Bausparkasse beantragt werden.

Wann ist ein Fonds sinnvoll?

Höhere Erträge gibt es nur mit einem höheren Risiko. Wer also seine VL in einen Fonds einzahlt, sollte dies nicht vergessen. Inzwischen gibt es eine große Auswahl an Fonds, die dem VL-Sparer zur Verfügung stehen. Nach Angaben des Bundesverbandes Invest und Asset Management (BVI) gibt es derzeit 235 VL-Fonds. Eine Liste gibt es online unter www.bvi.de.

Sind Lebensversicherungen und Banksparpläne sinnvoll?

Verbraucherschützer raten davon ab, die VL darin zu investieren:

Für eine VL-Lebensversicherung gilt meist eine Mindestpardauer von zwölf Jahren. Wer vorher aus dem Vertrag aussteigt, kann bis zur Hälfte seiner Einzahlungen verlieren. Außerdem sind Aktienfonds renditeträchtiger als Kapitallebensversicherungen - und für diese VL-Sparform gibt es auch keinen staatlichen Zuschuss.

Banksparpläne haben den Nachteil, dass die Bank den Zinssatz nach Vertragsabschluss ändern kann. Auch hierfür gibt es den staatlichen Zuschuss nicht.

Welches sind die Vor- und Nachteile?

Unterm Strich bietet VL-Sparen genug Vorteile, doch diese Anlageform ist auch sehr unflexibel:

* Das Geld ist für mindestens sieben Jahre gebunden; * Der Ausstieg vor Ablauf der Frist wird teuer, weil die staatliche Förderung weg- und mitunter happige Gebühren anfallen.