Handwerk Arbeit erleichtert Integration

Die Integration funktioniert auch über Bildung, meint die Politik. Das Deutsche Handwerk sieht noch andere Ansatzpunkte. Im stern.de-Interview sagt ZDH-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer, warum Arbeit die Integration von Migranten fördert und warum die Wirtschaft gerade diese braucht.

Herr Schleyer, wie viele ausländische Mitarbeiter braucht die deutsche Wirtschaft?

Wir brauchen vor allem Mitarbeiter, die eine ausgezeichnete Ausbildung haben. In technischen Berufen fehlen uns auf der einen Seite Ingenieure, auf der anderen Seite Facharbeiter. In Handwerksbetrieben mit High-Tech-Produkten gibt es sogar schon zu wenig Lehrstellenbewerber mit guter schulischer Vorbildung. In Ostdeutschland ist dies aufgrund stark zurückgehender Schulabgängerzahlen auch in anderen Berufen der Fall, dort schauen die Betriebe bereits über die Grenze nach Polen. Wir brauchen also eine am Bedarf ausgerichtete Zuwanderung.

Welchen Ausländeranteil verkraftet die deutsche Gesellschaft?

Schauen Sie doch zur Europameisterschaft im Fußball. Podolski, Klose, Neuville, Kuranyi, Odonkor - der Migrantenanteil in der deutschen Nationalmannschaft ist hoch, und die Bundeskanzlerin hat recht, das steigert die Qualität des Teams und wir profitieren alle davon. In Deutschland liegt der Ausländeranteil derzeit bei knapp neun Prozent. Je mehr Menschen dank guter Ausbildung Arbeit haben, desto leichter fällt ihre Integration.

Was muss getan werden, um in Deutschland lebende Ausländer oder Menschen mit Migrationshintergrund besser zu integrieren?

Im Handwerksbetrieb wird das sehr deutlich. Wer sich dank guter Arbeit und guter Teamfähigkeit den Respekt der Kolleginnen und Kollegen erwirbt, der gehört dazu. Nationalität, Hautfarbe oder Religion spielen dann keine entscheidende Rolle. Der Wille zur Integration von Seiten der Migranten gehört jedoch dazu.

Wie ausbildungsfähig sind Migrantenkinder?

In den Großstädten haben wir Zusammenballungen von Ausländern in bestimmten Vierteln. Das hat soziale und gesellschaftliche Probleme gebracht und in der Folge ist das Niveau von Haupt- und Realschulen deutlich gesunken. Zu viele Schüler sprechen nicht ausreichend Deutsch und sind nicht in der Lage, einen qualifizierten Abschluss zu erreichen. Gerade das Handwerk braucht diese Jugendlichen aber mit ihren oft ausgeprägt handwerklichen Talenten. Wir drängen daher seit langem auf eine verpflichtende Vorschule, um Migrantenkindern bessere Startchancen zu verschaffen. Wir sind dem Bundespräsidenten sehr dankbar, dass er in seiner Berliner Rede auf die Bedeutung des vorschulischen Deutschunterrichts hingewiesen hat.

Welche Rolle spielen von Ausländern geführte Betriebe bei der Ausbildung?

Die Bedeutung ist noch zu gering. Die Handwerkskammern bemühen sich, den Unternehmern mit Migrationshintergrund die Scheu vor der Ausbildung zu nehmen. Viele schrecken vor der Bürokratie und den Verpflichtungen im Ausbildungsvertrag zurück. Wir brauchen aber dringend die erfolgreichen Unternehmer als Vorbilder für die jugendlichen Migranten.

Welchen Anteil haben Ausländer auf dem schwarzen Arbeitsmarkt?

Darüber liegen keine Zahlen vor. Aber die Zollbehörden werden bei Kontrollen ja regelmäßig fündig.

Wie können einheimische Betriebe gegen Billiglohn-Konkurrenz aus dem Ausland bestehen?

Gegen Schwarzarbeit oder Dumpinglöhne kann kein Betrieb im Preiswettbewerb bestehen, der Lohn, Lohnzusatzkosten, Steuern, Abgaben, Energie- und Mietpreise in seiner Verrechnungsstunde einkalkulieren muss. Die Betriebe können nur mit Qualität und guten Dienstleistungen bestehen. Das gelingt zunehmend bei hochwertigen Produkten und Dienstleistungen. Die Deutschen wettern auf der einen Seite gegen die Verlegung von Nokia-Jobs ins billige Rumänien, kaufen aber viele einfache handwerkliche Tätigkeiten vor allem seit der Mehrwertsteuererhöhung verstärkt bei Schwarzarbeitern ein, viele davon aus diesen osteuropäischen Nachbarländern. Das kostet ebenfalls Beschäftigung in Deutschland.

Interview: Markus Baluska

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