Zur Förderung von Existenzgründungen ist die so genannte Ich-AG nach Expertenansicht wenig sinnvoll. "Viele Ich-AGs sind nicht tragfähig", sagte Reinhard Schulte, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Lüneburg. Auftritte als Clown oder Verkaufspartys für Haushaltsdosen zum Beispiel seien keine Existenzgrundlage. Sie taugten bestenfalls als Nebenerwerb, meinte der Wissenschaftler, der einen Lehrstuhl für Gründungsmanagement hat.
"Manche Ich-AGler betreiben bis zu vier Teilzeittätigkeiten", hat Schulte beobachtet. "So kann man kein Unternehmen aufbauen." Die Gründer bekommen im ersten Jahr ihrer Selbstständigkeit pauschal 600, im zweiten 360 und im dritten 240 Euro pro Monat. Bisher haben Antragsteller mit zweifelhaften Geschäftsideen Geld vom Staat bekommen. Seit dem ersten November verlangen die Arbeitsämter jedoch einen Geschäfts- und Finanzierungsplan.
Eine sinnvolle Änderung, findet Schulte. "Wer keinen durchdachten Geschäftsplan aufstellen kann, wird als Unternehmer scheitern." Jetzt gelte es, die Entwicklung der bundesweit gut 170.000 gegründeten Ich-AGs zu kontrollieren.
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Rechnungshof rügt Förderpraxis bei Ich-AGs
Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach einem Zeitungsbericht Fehler und Versäumnisse bei der Förderung von Ich-AGs vor. Die Vorwürfe reichen von schlechter Beratung von Existenzgründern, über eine unzureichende Prüfung der Vorhaben bis hin zur Verschwendung von Beitragsgeldern, schreibt die Zeitung «Die Welt» in ihrer Samstagsausgabe, unter Berufung auf eine ihr vorliegende interne Mitteilung des Bundesrechnungshofes an den BA-Vorstand.
Die Bundesregierung hat allerdings bereits auf Probleme bei der Förderung von Ich-AGs reagiert. Anfang September brachte das Kabinett einen Gesetzentwurf auf den Weg, der unter anderem die Einführung einer Tragfähigkeitsprüfung für die Förderung einer "Ich-AG" vorsieht.
Geld trotz Geschäftsaufgabe
Wie das Blatt berichtet, ermittelten die Rechnungsprüfer auch Fälle, in denen der Existenzgründungszuschuss für Ich-AGs weiter bezahlt wurde, obwohl die Empfänger ihre Selbstständigkeit schon lange beendet und dies auch ordnungsgemäß gemeldet hatten. Sie empfehlen der BA, den Verbleib der geförderten Existenzgründer besser zu beobachten, um Erkenntnisse über die Nachhaltigkeit der Förderung zu gewinnen.
Die BA habe nach eigenen Angaben in den ersten zehn Monaten dieses Jahres 1,43 Milliarden Euro als Überbrückungsgelder (Gesamtjahr 2003: 1,41 Milliarden) und 771 Millionen Euro für Existenzgründungszuschüsse (Gesamtjahr 2003: 268 Millionen) ausgezahlt.