Studie Ost-Manager sind "orthodoxere Kapitalisten"

Ostdeutsche Firmenchefs sind einer Studie zufolge "härtere Ellbogen-Kapitalisten" als ihre westdeutschen Kollegen.

Ostdeutsche Firmenchefs sind nach einer Studie "härtere Ellbogen-Kapitalisten" als ihre westdeutschen Kollegen. Sie reagierten aber deutlich langsamer auf Marktveränderungen. Das ist das Ergebnis der bislang umfassendsten deutschen Befragung von Managern mittelständischer Betriebe, die am 6. Mai an der Universität Jena vorgestellt wurde.

"Der Neubekehrte ist der Strenggläubigere", sagte Studienleiter Prof. Rudi Schmidt. Die Technikfixiertheit der Ostdeutschen, die geringe Integration in Netzwerke und die niedrige Exportquote minderten aber die Fähigkeit zur Einschätzung der Märkte und Anpassung der Produkte. Besserung sei kaum in Sicht.

"Es wäre besser gewesen, wenn nach der Wende mehr Wessis gekommen wären"

Die Jenaer Soziologen vom Sonderforschungsbereich zur gesellschaftlichen Entwicklung nach dem Systemzusammenbruch befragten für ihre vergleichende Studie seit 2001 bundesweit rund 800 Leiter von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes. Die Betriebe mit 50 bis 1.000 Beschäftigten liegen je zur Hälfte in Ost- und Westdeutschland.

Entgegen einem verbreiteten Vorurteil werde nicht die Mehrzahl der Ost-Betriebe von einem Westdeutschen geführt, sondern weniger als ein Drittel, sagte Schmidt. "Es wäre besser gewesen, wenn nach der Wende mehr Wessis gekommen wären." Denn die hätten Markterfahrung mitbringen und den Firmen in den neuen Bundesländern eine schnellere Integration in die Weltmärkte ermöglichen können. "Das Learning by Doing im Osten hat zu viele Opfer gefordert."

"Im Osten ist die Clusterbildung zu gering"

Der Studie zufolge empfinden sich weit mehr ost- als westdeutsche Manager als hart kämpfende Kapitalisten. In den alten Bundesländern überwiege die Selbsteinschätzung als Unternehmer, der soziale Interessen im Auge behalten muss. Schmidt erklärt das Ergebnis mit einer ostdeutschen "Überidentifizierung" mit dem System nach der Wende.

Den Betrieben im Osten fehlt nach der Analyse der Jenaer Wissenschaftler oftmals der Ideen bringende, ständige Kontakt zu Beratern oder anderen Betrieben in Branchennetzwerken. "Im Osten ist die Clusterbildung zu gering", sagte Schmidt. Die Struktur der Unternehmenslandschaft lasse keine schnellen Veränderungen erwarten. Ostdeutsche Betriebe seien im Schnitt kleiner und könnten weniger Geld für externe Dienstleister ausgeben. Der überwiegende Teil der Ost-Manager habe zudem einen naturwissenschaftlichen Hintergrund und sei für ökonomische Fragen weniger empfänglich.

Die ostdeutschen Firmenchefs seien im Schnitt deutlich älter als ihre West-Kollegen. Es handele sich zumeist noch um dieselben Leiter, die nach der Wende aus der zweiten Reihe der Kombinatsführung an die Spitze aufgerückt seien, sagte Schmidt. Das Problem des blockierten Generationenwechsels sei: "Jüngere sind in der Regel eher bereit, neue Ideen aufzunehmen." Der Führungsstil der "Ossis" sei eher patriarchalisch-autoritär im Vergleich zum Westen. Das sei auch auf die Erwartungshaltung der Beschäftigten zurückzuführen.

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