Ab sofort kann man sich wieder telefonisch krankschreiben lassen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss für das Gesundheitswesen am Donnerstag entschieden. Damit kommt eine Regelung zurück, die es in der Corona-Zeit schon mal temporär gab. Allerdings ist die Krankschreibung per Telefon nun nur noch für bis zu fünf Tage möglich.
Telefonisch krankschreiben lassen können sich Patientinnen und Patienten nur, wenn sie der Hausarztpraxis bereits bekannt sind – und wenn diese keine Videosprechstunde anbietet. Außerdem ist die Telefon-Krankschreibung nur bei leichten Symptomen vorgesehen, bei schweren muss man sich weiterhin persönlich beim Arzt vorstellen.
Der Hausärzteverband begrüßt die neue Regelung als Entlastung der vollen Praxen. Die Arbeitgeber hingegen sind gar nicht begeistert. Barbara Geck, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Bird & Bird in Frankfurt, erklärt, was die neue Regelung im betrieblichen Alltag bedeutet.
Frau Geck, der Gemeinsame Bundesausschuss betont, die telefonische Krankschreibung sei "keine Krankschreibung zweiter Klasse". Die Arbeitgeber scheinen das anders zu sehen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sieht die Krankschreibung "qualitativ entwertet" und den "Betriebsfrieden" gestört. Ist der Unmut berechtigt?
Ich kann die Arbeitgeber schon verstehen, dass Vorbehalte bestehen. Die Krankschreibung hat im Arbeitsrecht einen sehr hohen Beweiswert. Wenn ich als Arbeitgeber nicht weiß, ob mein Mitarbeiter überhaupt beim Arzt war, komme ich unter Umständen schneller ins Grübeln, ob da einer blau macht. Die Schwelle für den Mitarbeiter ist jedenfalls niedriger und das schlechte Gefühl bei manchen Arbeitgebern verstärkt.
Unterscheidet sich eine telefonischen Krankschreibung arbeitsrechtlich irgendwie von einer "normalen"?
Nein, sie ist formal gleichgestellt. Wie der Bundesauschuss gesagt hat: Die telefonische Krankschreibung ist keine Krankschreibung zweiter Klasse. Krank ist krank.

Kann der Chef eine telefonische Krankschreibung trotzdem anzweifeln?
Vermutlich erfährt er überhaupt nicht, ob die Krankschreibung telefonisch erfolgt ist. Die Krankschreibung – egal ob telefonisch oder nicht – wird elektronisch an die Krankenkasse übermittelt. Und die teilt dem Arbeitgeber nur mit, von wann bis wann der Mitarbeiter krankgeschrieben ist. Auch die Art der Erkrankung wird weiterhin nicht mitgeteilt.
Könnte der Arbeitgeber denn bei Zweifeln verlangen, dass ich doch persönlich beim Arzt vorstellig werden muss?
Auch das nicht. Im Rahmen der Vorgaben kann ich die telefonische Krankschreibung als Mitarbeiter nutzen. Erst für Folgebescheinigungen sehen die Regeln zwingend einen Arztbesuch vor Ort vor.
Ich könnte mich also im Extremfall für fünf Tage telefonisch krankschreiben lassen, dann einen Tag arbeiten und dann wieder krankschreiben lassen, ohne dass mich je ein Arzt zu Gesicht bekommt?
Naja, wenn es sich um dieselbe Erkrankung handelt, wäre doch eher eine Folgebescheinigung fällig. Aber klar: Wenn ich erst Corona habe und dann irgendwas ganz anderes, kann ich eine neue Erstbescheinigung bekommen.
Kann der Arzt die telefonische Krankschreibung verweigern?
Der Arzt muss schon überzeugt sein, dass da einer wirklich krank ist. Wenn er das Gefühl hat, dass er das am Telefon nicht richtig beurteilen kann, muss er den Patienten meines Erachtens auch einbestellen. Bei schweren Symptomen muss er ja sowieso sagen: Kommen Sie vorbei, dass wir uns das richtig ansehen.
Nur weil ich die Krankschreibung von zu Hause erledige, heißt das aber noch lange nicht, dass ich nicht rausgehen und einkaufen oder andere Dinge tun kann – oder?
Eine Krankschreibung fesselt einen Patienten nicht zwingend ans Bett. Das gilt weiterhin, zumal die telefonische Krankschreibung ja für leichte Fälle vorgesehen ist. Ich darf während der Krankschreibung alles machen, was der Genesung nicht schadet.
Ab welchem Tag muss ich eine telefonische Krankschreibung vorlegen?
Es gilt weiterhin: Im Normalfall muss eine Krankschreibung bis zum vierten Kalendertag vorliegen. Es kann aber abweichende betriebliche Regelungen geben. Und der Arbeitgeber kann Mitarbeiter auch anweisen, sich schon ab dem ersten Arbeitstag eine Krankschreibung zu holen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das zunimmt, weil Arbeitgeber sagen: Wenn du noch nicht mal aus dem Haus gehen musst für die Bescheinigung, dann leg sie mir doch bitte vor.