von Robert I. Sutton
Mein Buch "Der Arschloch-Faktor" basiert auf strengen Untersuchungen, schließlich habe ich den größten Teil meines Berufslebens damit verbracht, Organisationen unter die Lupe zu nehmen. Es dokumentiert die zwischenmenschlichen und wirtschaftlichen Schäden, die fiese Menschen anrichten und zeigt auf, wie Organisationen diese niederträchtigen Widerlinge identifizieren, umerziehen oder ausschließen können.
Als ein Redakteur der "Borders Monthly" mich darum bat, verschiedene Stufen von Arschlöchern am Arbeitsplatz zu unterscheiden, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und gönnte mir diesen Spaß.
Wir suchen Ihre Geschichte!
Wie ist Ihr Chef? Hatten Sie auch schon mal Probleme mit Ihrem Boss, weil Sie zu viele Überstunden machen mussten? Oder hat er Ihnen den Urlaub gestrichen, das Weihnachtsgeld gekürzt? Für einen Artikel im Stern suchen wir Leser und Leserinnen aus allen Berufen, die uns über Ihre Erfahrungen und Zumutungen im Job berichten. Bitte mailen Sie Ihre Erlebnisse an boldebuck.catrin@stern.de
Mir fiel Jim Collins Management Bestseller "Der Weg zu den Besten" ein. Darin beschreibt er die Tugenden der bescheidenen "Stufe 5 Anführer" mit starkem Willen und erklärt, warum diese den Anführern der Stufen 1 bis 4 überlegen seien. Ich stellte Collins Ansatz auf den Kopf und entwickelte eine Hierarchie der Arbeitsplatzarschlöcher von gemein zu bösartig. Sie gründet auf den Geschichten und Untersuchungen in "Der Arschloch-Faktor", sowie auf der steten Flut von E-Mails und Erfahrungsberichten, die ich über schlechte Stimmung am Arbeitsplatz erhalte. Ich habe schon hunderte von Geschichten gehört und jeden Tag werden es mehr. Ich muss den Leuten nur sagen, dass ich ein Buch über Kotzbrocken am Arbeitsplatz geschrieben habe und die Geschichten sprudeln nur so heraus.
Meine Hierarchie beginnt mit den ahnungslosen, aber heilbaren Arschlöchern auf Stufe 1 und gipfelt im Superarschloch der Stufe 5, einem unerbittlichen niederträchtigen Geschöpf, das sich nicht ändern will und regelrecht stolz auf den Schaden ist, den es anrichtet.
Wütende Emails bis tief in die Nacht
Die hier dargestellten Beispiele zeigen, dass es im Sport und im Beruf manchmal nützlich sein kann, ein einschüchternder Scheißkerl zu sein, es jedoch von den Tyrannen ebenso wie von seinen Opfern emotionalen Tribut fordert. Sich mit einem zwar effizienten, aber intriganten Mitarbeiter oder schlimmer noch, einer ganzen Schar von ihnen, abzufinden, kann einen Arbeitgeber unerwartet teuer zu stehen kommen.
Wenn sich Organisationen die Zeit nehmen und die "Arschloch-Gesamtkosten" (AGK) aufaddieren, sind sie oft erschrocken darüber, wie viel Geld sie ausgeben, diese Schwachköpfe zu halten. Erinnern Sie sich an den Starverkäufer, den ich in der Rubrik "Berechnende Tyrannen" erwähne. Seine Firma rechnete alle Kosten zusammen, die entstanden, weil sie ständig neue Sekretärinnen für ihn finden und einlernen, Anwaltsrechnungen für die vielen Klagen gegen ihn bezahlen mussten und er dem Senior Management andauernd Zeit stahl, die es damit verbrachte, sich mit seinen Extrawünschen und wütenden E-Mails bis spät in die Nacht auseinanderzusetzen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Unterhalt dieses einen Arschloches um die 160.000 Dollar pro Jahr kostete.
Das Leben ist zu kurz für Arschlöcher
Ja, ich gebe zu, auch das Gegenteil lässt sich nachweisen: Es kann, wie etwa die Karriere von Apple-Chef Steve Jobs zeigt, Firmen möglicherweise zu Gewinnern machen, wenn sie ein Arschloch beschäftigen. Doch es gibt massenhaft Beispiele anderer Sportstars und Unternehmensführer, die Wege vorwärts finden, ohne auf anderen herumzutrampeln. Menschen, die durch ihr rücksichtsloses Verhalten gewinnen, bleiben Arschlöcher und ich will nichts mit ihnen zu tun haben. Das Leben ist einfach zu kurz.
Stufe 1: Das Arschloch ist ahnungslos - und kann kuriert werden
Diese Arschlöcher merken erst gar nicht, dass sie Arschlöcher sind und manchmal fällt es ihnen schwer, das zu kapieren, selbst wenn man es ihnen sagt. Doch wenn sie die Wahrheit einmal akzeptiert haben, arbeiten diese Idioten wie verrückt daran, sich zu bessern. Zum Beispiel dieser Stanford Student, der sich zusammenriss, nachdem sein Bruder ihm einen Anstecker schenkte mit der Aufschrift: "Sich einzugestehen ein Arschloch zu sein ist der erste Schritt."
Stufe 2: Er hat Rückfälle, aber bessert sich
Sie haben den ersten Schritt getan, scheitern aber manchmal daran, das Biest in sich daran zu hindern, sein Haupt zu heben. Doch wenn sie einmal die Kontrolle über sich verloren haben, übernehmen sie dafür die Verantwortung und lernen aus ihren Fehlern. Zum Beispiel der CEO, der sein Gift an einige Kollegen verspritzte, sich dann aber rasch bei allen 400 Arbeitnehmern seiner Firma entschuldigte. Er adressierte die E-Mail an die gesamte Belegschaft, weil er sich bewusst war, dass sein garstiges Benehmen sich bald herumsprechen würde und er wollte klar machen, dass niemand Mitarbeiter der Firma demütigen darf - auch nicht der Chef.
Stufe 3: Das Arschloch schämt sich - und macht weiter
Diese Arschlöcher wollen sich verändern, doch glückt es ihnen nicht, sich unter Kontrolle zu halten. Zum Beispiel der Anwalt, der merkte, dass sein Temperament zu oft mit ihm durchging, sich dessen schämte, aber nicht damit aufhören konnte, Leute zu beschimpfen, weil "alle um mich herum inkompetent sind".
Stufe 4: Berechnende Tyrannen - "Wenn es sich für mich lohnt, bin ich nett."
Diese Bastarde geben sich nicht die geringste Mühe, ihre niederträchtigen Winkelzüge und ständige Missachtung anderer Menschen zu bremsen, so lange nicht eine "Arschloch-Abgabe" erhoben wird. Doch sobald sie merken, dass ihre Manöver sie Geld und sogar den Job kosten könnten, beginnen sie auf wundersame Weise ihre Mitmenschen mit Respekt zu behandeln. Zum Beispiel jener Starverkäufer (und Starblödmann), der sich doch zivilisiert benehmen konnte, nachdem das Management fast 100.000 Dollar von seinem Bonus abzog.
Stufe 5: Das Superarschloch
Arschlöcher der Stufe 5 sind nicht einfach nur unverbesserlich, sie sind sogar noch stolz auf die Opfer, die sie auf ihrem Weg zurücklassen. Diese Ekelpakete denken nicht mal dran sich zu ändern, weil sie glauben, ihre Skrupellosigkeit gäbe ihnen einen "Wettbewerbsvorteil". Selbst wenn sie ihr Verhalten teuer bezahlen müssen, rechtfertigen sie sich mit dem Satz: "Ich bin mir eben treu geblieben.". Nehmen Sie als Beispiel Ty Cobb, einen amerikanischen Baseballspieler zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Er galt als eines der größten Talente, war aber berüchtigt für die verbalen und physischen Attacken auf jeden, der ihm im Weg stand. Damit schüchterte er Gegner ein und handelte so seine fetten Gehälter aus. Sein Biograph Al Stump beschrieb aber auch, wie seine Raserei viele Menschen in seiner Umgebung verletzte, so dass sie sich von ihm abwendeten. Ernest Hemingway sagte: "Ty Cobb ist der größte aller Baseballspieler und ein absolutes Arschloch."