Die Liebe der Deutschen zur "guten alten D-Mark" ist sprichwörtlich. Zehn Jahre nach Einführung des Euro-Bargelds sind noch Millionen alte Scheine und Münzen im Umlauf. Dabei sollte schon vor zehn Jahren, am 28. Februar 2002, endgültig Schluss sein mit Pfennig, Groschen und Mark an der Ladenkasse.
Es sollten, so verkündete der Einzelhandel zwei Monate nach Einführung des Euro-Bargelds, die "letzten Tage der Mark" werden. "Zahlungen mit der alten Währung werden eine seltene, aber willkommene Ausnahme im Einzelhandel sein", erklärte der Handelsverband HDE seinerzeit. Der damalige Präsident des hessischen Einzelhandels, Frank Albrecht, versicherte: "Da die Kassen bislang beide Währungen akzeptiert haben, bedeutet es für uns keine Mühe, die wenigen noch verbleibenden Noten zu akzeptieren."
Weit gefehlt. Tatsächlich sollte die größte Geldtauschaktion der Geschichte mehr Zeit brauchen - jedenfalls in den Köpfen der Menschen. Mancher Kunde versuchte noch Jahre nach der Euro-Umstellung Einkäufe mit alten D-Mark-Scheinen und -Münzen zu bezahlen. Findige Einzelhändler machten daraus ein Geschäft: So nahm beispielsweise die Bekleidungskette C&A noch 2007 in ihren Filialen bundesweit im Schnitt jeden Monat 300.000 D-Mark ein.
Jährliches D-Mark-Revival im Mai
Auch Hilfsorganisationen baten die Menschen in den vergangenen zehn Jahren immer wieder, nach "Schlafmünzen" zu suchen. Handel und Kommunen lockten regelmäßig zum D-Mark-Revival. In dem 2600-Seelen-Örtchen Gaiberg südlich von Heidelberg etwa kann seit 2006 jedes Jahr im Mai für vier Wochen mit der alten Währung bezahlt werden. Nach Angaben von Kämmerer Alexander Wenning werden dabei jährlich etwa 20.000 Mark (10.226 Euro) umgesetzt. Sein Fazit: "Für die Leute ist es ein großer Spaß, mal wieder mit Mark zu zahlen."
Schuldenkrise, Notgipfel und milliardenschwere Rettungspakete nährten zuletzt das Misstrauen gegenüber dem Euro. Jeder zweite Bundesbürger wünscht sich Umfragen zufolge die "gute, alte D-Mark" zurück. Doch oft sorgen nicht Treue und Sammlerleidenschaft, sondern schlicht Vergesslichkeit dafür, dass das ausgediente Geld nicht umgetauscht wird. Es bleibt jahrelang verschollen und wird dann zufällig bei Umzügen im Keller oder in alten Koffern entdeckt.
Nach Schätzungen der Bundesbank müssten sich irgendwo auf der Welt noch rund 172 Millionen D-Mark-Scheine und fast 23,8 Milliarden Münzen - vor allem Pfennigstücke - befinden. Zusammengerechnet haben sie einen Wert von fast sieben Milliarden Euro.
Wer heute noch D-Mark findet, kann sie im Handel in der Regel nicht mehr loswerden. "Die D-Mark spielt in den Geschäften keine Rolle mehr, es kommen kaum noch Kunden, die mit D-Mark bezahlen wollen.", sagt HDE-Geschäftsführer Kai Falk. "Offensichtlich haben sich die Geldsäckel unter dem Kopfkissen aufgebraucht."
Doch auch wenn Einkäufe nicht mehr ohne Weiteres in Mark und Pfennig bezahlt werden können, die Bundesbank tauscht das alte Geld auch weiterhin kostenlos in Euro um - entweder direkt in einer ihrer Filialen oder postalisch über die Hauptverwaltung Mainz.