Das insolvente Versandhaus Quelle steckt in noch größeren Schwierigkeiten als bisher bekannt. Seit fast drei Wochen muss das Unternehmen bereits ohne eigene finanzielle Mittel auskommen, weil es sein letztes Geld wenige Stunden vor dem Insolvenzantrag Anfang Juni an den Mutterkonzern Arcandor überwiesen hat. Ein Arcandor-Sprecher bestätigte am Samstag einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ).
Demnach ist Quelle auf die Großzügigkeit der Lieferanten angewiesen, die mit ihren Waren und Dienstleistungen in Vorleistung gingen. Auch die Druckerei des Quelle-Katalogs hatte sich am Freitagabend trotz der Risiken entschlossen, vorläufig mit der Auslieferung des neuen Katalogs zu beginnen. Dies geschehe auch im Vertrauen auf den politischen Willen des Freistaats Bayern und der Bundesrepublik, begründete die Druckerei Prinovis ihren Entschluss.
Der Arcandor-Sprecher betonte, mit der Insolvenz habe die Überweisung von Quelle an den Mutterkonzern nichts zu tun gehabt. Vielmehr handele es sich um ein übliches Verfahren, dass Tochterfirmen ihr Guthaben im sogenannten Cash-Pooling an die Mutter überführten. Die Tochterfirmen würden aus diesem Pool dann wiederum mit Geld versorgt. Dies sei ein automatisiertes System auf täglicher Basis. "Jeden Tag gehen Finanzströme in beide Richtungen", sagte er.
Die Bundesregierung will bis zu diesem Montag eine Grundsatzentscheidung über Hilfen für Quelle treffen. CSU-Chef Horst Seehofer appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), positiv zu entscheiden. "Ich habe kein Verständnis dafür, wie die Bundesregierung solche Dinge behandelt", sagte er am Rande einer Parteiveranstaltung in Dachau zur zögerlichen Haltung insbesondere von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Gleichzeitig verteidigte Seehofer die Haltung der bayerischen Staatsregierung, die von sich aus bereits eine Zusage für einen Kredit an Quelle in Höhe von 21 Millionen Euro gegeben hatte. Der Bund ist mit 25 Millionen Euro gefordert, das Land Sachsen soll vier Millionen Euro geben. "Wir sind verantwortlich zu dieser Entscheidung gekommen. Der Freistaat verbrennt keine Steuergelder", sagte er. Quelle habe diese Chance verdient "und wird sie auch nutzen, wenn der Bund handelt".
Informationen der "SZ", wonach Quelle von der Bundesregierung als nicht überlebensfähig angesehen werde, bezeichnete Seehofer als unverantwortlich. In dem Bericht war auch von einem ranghohen Mitglied der bayerischen Staatsregierung die Rede, das die Liquidation von Quelle als denkbares Szenario bezeichnet haben soll. "Diesen Minister gibt es nicht", sagte Seehofer.
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel zeigte sich zuversichtlich, dass Quelle den benötigten Kredit erhält. Insgesamt hängen nach seinen Angaben allein in Bayern mehr als 10.000 Arbeitsplätze an dem Versandhändler. Für die Beschäftigten seien die immer neuen Hiobsbotschaften hart. Die Überweisung an Arcandor werde der Betriebsrat überprüfen lassen: "Wir wollen auf Cent und Euro wissen, wie diese letzten Tage verlaufen sind", sagte Sindel. Ein Quelle-Sprecher wollte sich auf Anfrage nicht äußern und verwies auf die erwartete Grundsatzentscheidung der Bundesregierung.