Die Adam Opel AG kämpft ums Überleben. Die Stimmung in der Rüsselsheimer Zentrale sowie in den Werken Bochum und Kaiserslautern ist auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Die Ausweitung des Betriebsverlustes um 34 Prozent auf knapp 675 Millionen Euro oder 1,3 Milliarden DM wirkt wie ein Schock. Nach einem beträchtlichen Imageschaden und Milliardenverlusten droht nun zusätzlich eine harte Konfrontation mit der Belegschaft.
Der neue Opel-Vorstandsvorsitzende Karl-Peter Forster, der im April nach jahrelangen Management-Querelen als Hoffnungsträger das Steuer übernahm, muss jetzt auch noch eine schwere Informationspanne vertreten. Über die Medien gelangte die dramatische Verlustzunahme in die Öffentlichkeit, aber auch die Notmaßnahmen, die Forster zur Abwendung der Unternehmenskrise in der Schublade hat.
Mitarbeiter-Gehälter sollen eingefroren werden
Die Löhne und Gehälter sollen eingefroren werden und das 13. Monatsgehalt wegfallen, konnten die 40.000 Beschäftigten bei Opel und den Gemeinschaftsunternehmen mit Fiat als Hiobsbotschaft aus der Presse entnehmen. Die Arbeitnehmervertreter fühlen sich vorgeführt, das bislang bestehende Vertrauensverhältnis ist gestört.
Verschärft wird der drohende Konflikt durch die bevorstehenden Betriebsratswahlen. »Die Arbeitnehmervertreter werden durch diese Informationspolitik geradezu herausgefordert«, wird selbst im Management befürchtet. Nach Aussage des Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, Klaus Franz, haben über die neuerlichen Pläne der Kosteneinsparung und der vorgezogenen Stellenstreichungen bislang keine Verhandlungen stattgefunden.
Jetzt muss Forster selbst Verantwortung übernehmen
Bisher konnte Forster die dramatische Schieflage des Traditionsunternehmens noch mit der Serie von Managementfehlern aus der Vergangenheit begründen. Für die jüngste Indiskretion aus seiner Vorstandsetage muss er selbst die Verantwortung übernehmen. Dabei erfordern die ohnehin vorhandenen Probleme im eigentlichen Automobilgeschäft bereits herkulische Kräfte. Im Inland ist der Marktanteil 2001 nochmals zurückgegangen. Die von den Vorgängern übernommene Modellpalette ist extrem erneuerungsbedürftig und das Händlernetz selbst nach eigener Beurteilung mangelhaft.
Hoffnnungsschimmer Vectra
Die große Hoffnung liegt nun auf dem neuen Vectra, dessen Produktion erst vor wenigen Tagen angelaufen ist. Das Mittelklassemodell kommt allerdings zu einem recht ungünstigen Zeitpunkt, da zumindest im ersten Halbjahr 2002 die Neuzulassungen in Deutschland weiter zurückgehen dürften. Auch die Konkurrenz wartet ebenfalls mit attraktiven Fahrzeugen auf.
Mit aller Gewalt will Forster deshalb die Modellpalette modernisieren. Dies kostet aber Zeit und bindet erhebliche Mittel. Zusammen mit der GM-Schwester Saab und der Fiat-Tochter Lancia wird derzeit im schwedischen Göteborg ein neues Oberklassemodell entwickelt. »Aber auch das frisst Geld«, heißt es in Rüsselsheim. Hinzu kommen notwendige Rückstellungen für die gesetzlich vorgeschrieben Rücknahme von Altautos. Dafür wurden bislang lediglich in der Bilanz 2000 etwa 250 Millionen Euro als Reserve angelegt. Schließlich gilt es, den immensen Schuldenberg abzubauen.
Spätestens 2003 muss das operative Ergebnis deutlich besser werden. Ohne eine Trendumkehr in Richtung Gewinnzone haben weder Forster noch die Marke Opel eine Zukunft, ist der generelle Tenor in Rüsselsheim. Alle Beteiligten sind sich aber einig, der ausgewiesene Automanager aus dem BMW-Stall ist die letzte Hoffnung für den erfolgreichen Fortbestand des mehr als 100 Jahre alten Automobilherstellers.
Wolf Pampel, dpa