Frank Quattrone (47), der ehemalige Star-Investmentbanker der Credit Suisse First Boston (CSFB), ist beschuldigt worden, gegen Wertpapiervorschriften verstoßen zu haben. Quattrone soll Managern von Technologiefirmen, die Einfluss auf die Investmentbank-Auswahl ihrer Firmen hatten, Zugang zu heißen Erstemissionen verschafft haben. Dies hat die NASD, der Dachverband der US-Wertpapierhändler, am Donnerstag mitgeteilt.
Ermutigung zur Dokumentenvernichtung
Quattrone wurde auch vorgeworfen, er habe bei einer NASD-Untersuchung nicht kooperiert. Dabei sollte festgestellt werden, ob er Angestellte der Tech Group der CSFB ermutigt hatte, Dokumente zu vernichten, nachdem er von der NASD- und staatlichen Untersuchungen benachrichtigt worden war.
Vorgehen damals "weit verbreitet"
Die NASD-Vorwürfe seien völlig grundlos, erklärte der Quattrone- Anwalt Howard E. Heiss in einer Presseerklärung. Sie stellten einen beispiellosen Versuch dar, Strafaktionen gegen jemanden für ein Verhalten vorzunehmen, das zu dem Zeitpunkt legal und in der Branche weit verbreitet gewesen sein. Quattrone werde sich gegen die unfairen und unbegründeten Vorwürfe heftig zur Wehr setzen.
Interessenskonflikte bei Analysten
Die NASD-Vorwürfe gegen Quattrone folgten NASD-Untersuchungen über Investmentbank-Aktivitäten. Dazu gehörten auch die Kursfestlegung von Erstemissionen sowie Interessenkonflikte bei Analysten. «Die jüngsten Untersuchungen über Interessenkonflikte an der Wall Street zeigen, dass in der Vergangenheit in vielen Fällen, die Interessen der Investoren kompromittiert wurden, um größere Investmentbank-Umsätze zu verbuchen», erklärte Mary L. Schapiro. Sie ist stellvertretende NASD-Vorsitzende und Präsidentin für Regulierungsfragen. Man müsse Personen für Verstöße zur Verantwortung ziehen, um die Integrität der Märkte und das Vertrauen der Anleger wieder herzustellen.
Von seinem Posten zurückgetreten
Quattrone war vor wenigen Tagen mit sofortiger Wirkung bei der CSFB zurückgetreten. Er hatte die Global Technology Group der CSFB geleitet, die für Erstemissionen von Technologie- und Internetfirmen zuständig war. Die CSFB gehört der Schweizer Großbank Credit Suisse Group. Quattrone hatte die CSFB nach seinem Eintritt im Jahr 1998 zu einem der erfolgreichsten Hilfesteller bei Börsengängen von Technologiefirmen gemacht.
Durch Geschäfte zum Millionär
Die CSFB habe 1999 mehr US-Erstemissionen gemanagt als jede andere Firma, erklärte die NASD. Im Jahr 2000 sei das Investmentbankgeschäft die zweitgrößte Umsatzquelle des Unternehmens gewesen. Quattrone habe ebenfalls erheblich profitiert. Er habe zwischen August 1998 und Ende 2001 persönlich mehr als 200 Millionen Dollar erhalten, erklärte die NASD.
Auch Justizbehörde ermittelt
Die NASD kann Strafen verhängen und eine Suspendierung oder eine Ausschließung eines Beschuldigten aus der Wertpapierbranche anordnen. Die NASD kann die Herausgabe von unrechtlich erworbenen Geldern und Entschädigungszahlungen anordnen. Es laufen auch Untersuchungen der Justizbehörden gegen Quattrone.