Bezahlsender Premiere Eine Million Kunden lösen sich in Luft auf

Chaos bei Premiere: Der Bezahlsender hat offenbar rund eine Million Kunden weniger als bislang bekannt. Das habe eine Neuberechnung ergeben, teilte der Sender mit. An der Börse brach der Kurs der Premiere-Aktie daraufhin um mehr als 50 Prozent ein. Und es gibt auch erste personelle Konsequenzen.

Der Bezahlsender Premiere hat die Börse mit dem Eingeständnis drastisch überhöhter Kundenzahlen und der Ankündigung eines Verlusts schockiert. Die Zahl der Abonnenten sei bei einer Neuberechnung um rund 940.000 gesenkt worden, teilte Premiere mit. Damit entfällt etwa jeder fünfte Premiere-Kunde. Zum Freitagnachmittag hatte sich der Aktienkurs mit 4,38 Euro in etwa halbiert (minus 52,75 Prozent). Zwischenzeitlich war die Aktie sogar bis auf 3,55 Euro gefallen. Der Finanzvorstand Alexander Teschner geht mit sofortiger Wirkung. Damit setzt Medienmogul Rupert Murdoch die Aufräumarbeiten bei dem deutschen Bezahlsender nach Übernahme der Kontrolle vor einigen Wochen fort.

Nur noch 2,4 Millionen direkte Abonnenten

Premiere habe tatsächlich gut 2,4 Millionen direkte Abonnenten sowie knapp 1,2 Millionen Kunden über diverse Partner, teilte der Sender mit. 606.000 Kunden würden nicht mehr berücksichtigt, weil diese nur aus Verträgen mit Geschäftspartnern resultierten und es bisher keine Abonnement-Aktivierungen gegeben habe. Weitere 334.000 Abonnenten, die noch über eine Premiere-Smartcard verfügten, würden nicht mehr gezählt, weil ihr Abonnement beendet sei und sie derzeit keine Zahlungen leisteten.

Zudem kündigte der Abosender für das laufende Jahr einen operativen Verlust an. Nach Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) sei mit einem Minus von 40 bis 70 Millionen Euro zu rechnen, hieß es. Bei der Prognose nicht berücksichtigt seien allerdings mögliche positive Einmaleffekte aus dem weiteren Verkauf von Free-TV-Übertragungsrechten an der Fußball-Weltmeisterschaft 2010.

Als Konsequenz aus der EBITDA-Prognose habe Premiere Gespräche mit seinen Banken über die Restrukturierung von Kreditvereinbarungen aufgenommen und sei zuversichtlich, eine Einigung zu erzielen. Derzeit gebe es keine Pläne für eine Kapitalerhöhung, betonte Williams in einer Telefonkonferenz am Donnerstagabend. Er übernimmt zunächst selbst die Aufgaben des Finanzvorstands, bis ein Nachfolger für Teschner gefunden wird.

Williams, ein Manager von Murdochs Medien-Imperium News Corp., hatte erst Anfang September den Chefposten bei Premiere übernommen. Sein Vorgänger Michael Börnicke zog sich nach nur gut einem Jahr unter Hinweis auf persönliche Gründe zurück. Er hatte noch im Juni eine Kundenzahl von 10 Millionen zum Jahr 2012 in Aussicht gestellt. Premiere hatte im ersten Halbjahr einen Netto-Verlust von 65,9 Millionen Euro nach 28,1 Millionen im Vorjahr verbucht. Das EBITDA war nach den ersten sechs Monaten mit 11,2 Millionen Euro noch Positiv und leicht höher als im Vorjahr. Der Sender war in den vergangenen Monaten von hohen Kosten für den Rückkauf der Bundesliga- Rechte vom einstigen Rivalen arena sowie dem Kampf gegen zahlreiche Schwarzseher belastet worden.

DPA
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