Achtelfinale im Extra-Supermarkt im Bremer Steintorviertel. 16.55 Uhr: Die Regale mit den Bierflaschen und - dosen sehen schon verdammt leer aus. 17.00 Uhr: Anpfiff Deutschland-Schweden, nur noch eine Handvoll Kunden irrt im Laden umher, hurtig füllen die Helfer die Biervorräte auf. 17.45 Uhr, Halbzeitpause, die Fans stürmen herein und kaufen Bier, Bier und Bier. 18.00 Uhr: Der Laden ist wieder leer, die Helfer besorgen nochmals Nachschub. 18.45 Uhr: Abpfiff Deutschland-Schweden, 2:0, das macht extrem durstig, die Bierregale erzittern unter Kundenattacke Nummer drei.
Tatsächlich läuft der Bierverkauf derzeit so gut - und die Rückgabe der leer getrunkenen Kästen so schleppend - dass einige Brauereien kaum hinterher kommen. "Es kann in der Tat vorkommen, dass das ein oder andere Produkt nicht jeden Tag lieferbar ist", räumt Michael Hoffmann, Sprecher von Beck & Co. ("Beck's"), im Gespräch mit stern.de ein. Seinen Angaben zufolge läuft das Bremer Werk derzeit an der Kapazitätsgrenze, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Auch die Hamburger Holsten-Bauerei verkauft mehr, als ohnehin für die WM einkalkuliert. "Wir haben Hochkonjunktur", schwärmt Sprecher Udo Franke.
Entsprechend gut ist die Stimmung beim Deutschen Brauer Bund. Sprecherin Birte Kleppien sagt, dass einzelne Brauereien dank der WM ein Umsatzplus von bis zu zwölf Prozent erzielten. Auf der Berliner Fanmeile sollen pro Abend bis zu 400.000 Liter Bier über den Tresen gehen, und als die Engländer in Köln spielen, sei die Nachfrage in Kneipen, Brauhäusern und an Kiosken geradezu "dramatisch" gewesen. Nun hofft Kleppien, dass die vielen ausländischen WM-Besucher "Deutschland als Bierland" schätzen lernen und auch zuhause öfter mal nach einer deutschen Kaltschale fragen. Gleichwohl glaubt auch sie nicht, dass die Branche - die traditionell Jahr für Jahr etwa ein Prozent Umsatz verliert - dauerhaft von der WM profitieren könnte.
Teamerfolg bestimmt Bierkonsum
"Das sind sechs Wochen Geschäft und dann ist Schluss", prognostiziert Holsten-Sprecher Udo Franke trocken. Und wie sich der Verkauf innerhalb dieser sechs Wochen entwickelt, ist nach einhelliger Meinung von zwei Faktoren abhängig: dem Wetter und dem Erfolg der deutschen Mannschaft. Sollten die Klinsmänner verlieren und sich dunkle Gewitterwolken über den Stadien ballen, ist es mit der gehobenen Bierseligkeit wahrscheinlich rasch vorbei.
Deshalb setzen die Brauer aus ganz eigennützigen Gründen auf die deutsche Elf. Ihre Traumkombination für das Finale heißt Deutschland-England, beides Nationen, deren Bierkonsum über dem europäischen Schnitt liegt. Dritter hätten eigentlich die Niederländer werden sollen, die ebenfalls nicht zur Abstinenz neigen - aber die sind nun leider mittelfristig umsatzhemmend im Achtelfinale ausgeschieden. Und dass die Tschechen, die den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch in Europa haben, schon draußen sind, nahmen Deutschlands Brauer, auch aus geschäftlichen Gründen, mit tiefem Mitleid hin.