Dosenpfand Blinzelspiel ums Einwegpfand entschärft

Für Minister Trittin war klar: Wer Einweg anbieten will, muss auch für ein einheitliches Rücknahmesystem sorgen. Und genau dies wird es ab dem 1.Oktober auch bundesweit geben - bis dahin bleibt die jetzige Regelung als Kompromiss aufrecht.

Der Streit um das Dosenpfand ist entschärft. Wie Umwelt-Staatssekretär Rainer Baake am Freitag sagte, sind Teile der Wirtschaft nun doch bereit, bis 1. Oktober ein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem für bepfandete Dosen und Einwegflaschen aufzubauen. Dafür sagte das Umweltministerium zu, bis dahin weiter die Notlösung zu dulden, dass Verbraucher ihre leeren Behälter nur an der jeweiligen Verkaufsstelle zurückgeben können.

Lekkerland-Tobaccoland übernimmt Aufbau

Die Zusage habe der Präsident des Verbands der Deutschen Ernährungsindustrie, Peter Traumann, gegeben, sagte Baake. Die Führung beim Aufbau des Rücknahmesystems übernimmt das Unternehmen Lekkerland-Tobaccoland, das vornehmlich kleine Verkaufsstellen wie Kioske oder Tankstellen beliefert. Mindestens 100.000 Verkaufsstellen sind somit an dem Rücknahmesystem beteiligt. In den angeschlossenen Läden können Dosen und Flaschen bundesweit überall zurückgegeben werden.

Drei Möglichkeiten für den Handel

Wer sich von den anderen großen Handelskonzernen noch beteiligt, blieb zunächst offen. Baake sagte, Händler hätten im Prinzip drei Möglichkeiten, die Verpackungsverordnung mit dem Pfand korrekt umzusetzen: * Sie könnten sich an dem Lekkerland-System beteiligen; * sie könnten komplett auf Mehrweg umstellen oder * sie könnten eine hausinterne so genannte Insellösung erarbeiten. Einige Konzerne hatten bereits mitgeteilt, dass sie keine Getränke mehr in Einweg verkaufen wollten - etwa Tengelmann - oder konzerninterne Lösungen anstrebten - beispielsweise Lidl.

Trittin begrüßte Rückkehr zur "Vernunft"

Umweltminister Jürgen Trittin begrüßte schriftlich, dass sich "bei Teilen der Wirtschaft die Vernunft durchgesetzt hat". Der Grünen-Politiker hatte Handel und Industrie bis zum (heutigen) Freitag eine letzte Frist gesetzt, sich noch über ein einheitliches Rücknahmesystem einig zu werden. Andernfalls sollten ab kommender Woche Bußgelder gegen Geschäfte verhängt werden, die nur die bei ihnen gekauften Behälter zurücknehmen. Dies sei nun vom Tisch, sagte Baake. Die Ende Dezember 2002 versprochene Duldung der Übergangslösung bis 1. Oktober bleibe für den gesamten Einzelhandel erhalten.

Trittin: Dosenabgabe wäre "Abzocke"

In der Debatte um das Dosenpfand hatte sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin strikt gegen die von Wirtschaft und Gewerkschaften ins Spiel gebrachte Abgabe auf Einwegverpackungen ausgesprochen. "Hinter dem Vorschlag steckt der Versuch von Teilen der Wirtschaft, sich aus der Verantwortung für die Entsorgung der Einwegverpackungen zu stehlen und die Kosten auf die Verbraucher abzuwälzen", sagte der Grünen-Politiker der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe). Das Pfand werde den Kunden zurückgezahlt, "aber mit einer Abgabe wird der Verbraucher nur abgezockt", sagte Trittin weiter. Er wies damit einen Vorstoß der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) zurück, die jüngst für eine Abgabenlösung plädiert hatte. Eine solche Lösung favorisierte auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). Der fällige Betrag pro Dose sollte dabei nach Vorstellung von Wirtschaft und Gewerkschaft deutlich unter dem bisherigen Pfand von 25 Cent bleiben.

Abgabe würde zu mehr Einweg führen

Bei Einführung einer Dosenabgabe würde der Handel massiv das gerade eingelistete Mehrweg wieder auslisten und flächendeckend nur noch Einweg anbieten, erklärte der Grünen-Politiker der "Welt" (Freitagausgabe). Der Verbraucher wäre dann gezwungen, nur noch Einweg zu kaufen. "Es gäbe keine Wahlfreiheit mehr, Mehrweg würde verdrängt", kritisierte der Minister.

Dosen werden nicht völlig verschwinden

Der Minister zeigte sich davon überzeugt, dass das Pfand nicht zum völligen Verschwinden der Dose führen werde. "Es wird nach wie vor einen Sektor Einwegverpackungen geben. Nur eines ist klar: Diejenigen, die weiter Einweg anbieten wollen, werden um ein Rücknahmesystem nicht herumkommen."

Kaiser's: Ansturm auf Dosenbier

Zuvor hatte die Tengelmann-Gruppe angekündigt, das sie Dosen und Einwegflaschen aus den Regalen verbannen werde. "Wir beginnen ab sofort mit der Auslistung", sagte eine Konzernsprecherin im Berliner "Tagesspiegel". Zu dem Konzern gehören Plus, Kaiser's, Tengelmann und die KD-Märkte. "Nur, wenn wir keine Einwegverpackungen anbieten, haben wir kein Problem mit der Rücknahme", zitierte das Blatt die Sprecherin. "Zwangspfand Ade: Alle Einweggetränke 50 % billiger - Nur Heute und Morgen", hieß es etwa in großformatigen Zeitungsanzeigen der Kaiser's-Kette. Kunden berichteten über einen Ansturm auf Dosenbier und Einweg-Limonaden in Berliner Filialen des Handelskonzerns. An den Kassen bildeten sich lange Schlangen. Mit groß angelegten Rabatt-Aktionen für Einweggetränke sollen jetzt Dosen und Einwegflaschen aus den Regalen verschwinden, um drohende Bußgelder und Klagen der Mehrwegbranche zu vermeiden.