Hat der weltweite Geldmarkt das Schlimmste überstanden? Die Börsen jedenfalls, vergangene Woche noch auf Talfahrt, beruhigen sich langsam. Der Dax legte zum Handelsstart am Montagmorgen leicht zu, auch der Dax Future - Indikator für die künftige Marktentwicklung - lag im Plus. Auch in Tokio werden die Aktien wieder teuerer. Vor allem, weil die japanischen Zentralbank noch einmal mehr als fünf Milliarden Dollar in den Geldmarkt gepumpt hatte. Ebenso wie die Europäische Zentralbank (EZB), die am Montagmorgen zum dritten Mal in Folge massive Summen zur Verfügung gestellt hat, um einen weltweiten Liquiditätsengpass zu verhindern.
"Angebot an Liquidität ist reichlich"
Laut EZB normalisieren sich die Bedingungen am Geldmarkt. "Das Angebot an Liquidität ist reichlich", hieß es bei der Notenbank. Die Europäer hatten am Donnerstag 94,8 Milliarden Euro in nur 90 Minuten in den Geldmarkt gepumpt, um die drohende Krise des weltweiten Finanzsystems zu verhindern. Einen Tag später waren es noch einmal 61,05 Milliarden Euro. Es das erste Eingreifen dieser Art seit den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001.
Die Angst vor faulen Krediten in überall auf der Welt verteilten Anleihepaketen hatte vor dem Wochenende beinahe den Geldmarkt ausgetrocknet. Die Notenbanken mussten eine beispiellose Summe von mehr als 300 Milliarden Euro an kurzfristigen Krediten in den Markt pumpen, um dies zu verhindern. Daran beteiligten sich die Australier, Norweger und Japaner ebenso wie Malaysier und Amerikaner.
Homebanc stellt Antrag auf Gläubigerschutz
Derweil hat eine weitere US-Hypothekenbank wegen der Krise am Immobilienmarkt Antrag auf Gläubigerschutz gestellt - zu den Kreditgebern der Homebanc gehören auch Deutsche Bank und Commerzbank. Zuvor waren bereits mehrere Kreditgeber ins Schlingern geraten, wie etwa American Home, die daraufhin 90 Prozent ihrer Mitarbeiter feuern musste. Auch die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB hatte sich mit faulen Krediten verspekuliert und musste von einer Reihe deutscher Banken gestützt werden. Mittlerweile wurde bekannt, dass die Verbindlichkeiten offenbar höher liegen als bislang bekannt.
Zu den Gläubigern der Homebanc gehören auch deutsche Institute wie die Deutsche Bank und die Commerzbank. Die Homebanc bezifferte die eigenen Schulden auf 4,9 Milliarden Dollar sagte aber nicht, welcher Anteil davon auf welchen Gläubiger entfällt.
Die neue Pleite schürt Ängste, dass sich die Lage am US-Hypothekenmarkt zuspitzt und weltweit Banken in Schieflage geraten. Diese Bedenken haben bereits zu steigenden Risikoprämien und Spannungen am Geldmarkt geführt, wo Banken einander Geld leihen. Dieser so genannte Interbankenhandel ist höchst fragil, zumal wenn das Vertrauen in andere Geldinstitute wie jetzt durch Kreditausfälle in Milliardenhöhe erschüttert wird.
Banken leihen sich für kurzfristige Verbindlichkeiten gegenseitig Geld - oft nur für eine Nacht oder Tag zu einem bestimmten Zinssatz. Dabei werden weltweit bis zu einer Billion Dollar am Tag gehandelt. Gerät ein Institut ins Trudeln, werden die Geldverleiher vorsichtiger oder erhöhen die Zinsen. Im schlimmsten Fall kann die Geld leihende Bank wegen ausbleibender Kurzkredite ihre Ausstände nicht zahlen und es setzt eine Kettenreaktion ein, bei der die letztlich das gesamt am Markt befindliche Geld teuerer wird.
"Größte Bankenkrise seit 1931"
In der Folge können erst Banken und letztlich auch Verbraucher ihre Kreditraten nicht mehr tilgen, der Konsum geht zurück, Unternehmen investieren weniger. Es droht eine Wirtschaftskrise. Im Zuge der Hypothekenkrise hatte Jochen Sanio, Präsident der deutschen Finanzaufsicht Anfang August davor gewarnt, dass dem Land die "größte Bankenkrise seit dem Jahr 1931" drohe.