Kritik an Post-Zustellung "Bodenlose Unverschämtheit"

Die Überlegungen der Deutschen Post künftig nur nach an fünf statt sechs Tagen pro Woche Briefe auszutragen, haben eine Welle der Kritik ausgelöst. Das Wort "Liberalisierung" hat seinen positiven Klang verloren, die Kunden fürchten am Ende noch schlechter als bisher dazustehen.

In den Tagen vor dem Weihnachtsfest schauen viele Kunden besonders genau auf den Service des einstigen Monopolisten. Von der vielgepriesenen Liberalisierung profitiert der normale Kunden tatsächlich wenig. Die Schlangen vor den Schaltern sind nicht kürzer geworden, dazu gibt es weniger Annahmestellen. Für Mütter mit Kindern und ältere Mitbürger wird das jährliche Ritual, die Weihnachtsgeschenke zu versenden, zur anstrengenden Geduldsprobe. Erfahrene Kunden, die in den Wochen vor Weihnachten auf eine Sendung angewiesen sind, wissen ohnehin, dass sie in dieser Jahreszeit "Express"-Zuschläge bezahlen müssen, weil sonst deutlich verlängerte Laufzeiten drohen.

Ziel: Weniger Service

Die Überlegungen der Deutschen Post, nur noch an fünf statt sechs Tagen pro Woche Briefe auszutragen, treffen nun eine Institution, die die Modernisierung bislang unbeschadet überstanden hat. Den täglichen Besuch des Briefträgers. Die Reduzierung der Postzustellung würde den Service für die Kunden verschlechtern, fürchtet nicht nur der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Das Wirtschaftsmagazin "Capital" (Online-Ausgabe) hatte am Freitag unter Berufung auf ein dem Bundeswirtschaftsministerium zugegangenes Positionspapier von den Plänen berichtet. Ins Bild des argwöhnischen Kunden passt, dass auch die Briefkästen nur noch "nach Bedarf" geleert werden sollen. Nach dem "Bedarf" der Deutschen Post. Ziel ist die flächendeckende Grundversorgung ("Universaldienst") der Bürger und dafür genüge eine Zustellung an fünf Tagen in der Woche, so das Positionspapier.

Zeitungen betroffen

Hermann erinnerte, dass bei einer selteneren Zustellung zum Beispiel Tageszeitungen Probleme bekämen. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Zeitungsverlage für den Tag, an dem die Post nicht zustelle, ein eigenes Vertriebssystem aufbauen könnten. Kritik kam auch von der rheinland-pfälzischen SPD- Landtagsfraktion. "Die Pläne (...) sind eine bodenlose Unverschämtheit und würden einseitig zulasten der Bürgerinnen und Bürger im Land gehen", teilte die postpolitische Sprecherin der SPD- Landtagsfraktion, Hannelore Klamm, in Mainz mit.

Schmalspur-Filialen

Post-Sprecher Dirk Clasen betonte dagegen, der Konzern habe derzeit nicht die Absicht, von einer möglichen Änderung der Vorschriften auch Gebrauch zu machen. "Niemand muss Angst haben, dass die Post versucht, die Sechs-Tage-Zustellung aufzuweichen", sagte Clasen. "Solange die Kunden das verlangen und erwarten, werden wir es tun." Umgekehrt scheinen der Post aber auch die bestehenden Filialen zu viel zu sein. Vorgeschrieben sind mindestens 12.000 Standorte. Auch diese Vorgabe soll nach den Vorstellungen des Konzerns fallen. Stattdessen sollten sich die Standorte an der Nachfrage der Kunden orientieren, zum Beispiel an der Einwohnerzahl in einem bestimmten Raum. Für Kunden im ländlichen Raum dürfte sich hinter diesen Absichte, eine weitere Schlechterstellung verbergen. Überdies möchte die Post nicht mehr alle Produkte in allen Filialen anbieten. Einschreiben sowie Eil-, Wert- und Nachnahmesendungen werden "äußerst selten" nachgefragt - seien also verzichtbar. Die Kunden dürften diese Reduktion des Sortiments als Einstieg in SB-Filialen sehen. Die verbliebenen Dienstleistungen könnte dann auch eine automatisierte Annahme- und Ausgabebox erledigen.

Kra mit DPA/AP