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Fast sieben Millionen Menschen erhielten allein während des ersten Corona-Lockdowns im April Kurzarbeitergeld, im Dezember sind es immer noch weit über drei Millionen Arbeitnehmer. Mit diesem Geld greift der Staat Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Verdienstausfällen unter dir Arme. Doch wer in diesem Jahr in Kurzarbeit war, dem könnte im kommenden Jahr eine happige Steuernachzahlung drohen.
Kurzarbeitergeld steuerfrei? Nicht ganz!
Dass Kurzarbeitergeld steuerfrei ist, trifft nur in Teilen zu. Die eigentliche Zahlung ist zwar abgabenfrei, doch rückwirkend können zusätzliche Steuern auf Kurzarbeiter zukommen. Schuld ist der sogenannte Progressionsvorbehalt. Denn das Kurzarbeitergeld verändert den Steuersatz für sonstige Einkünfte der Empfänger. Sonstige Einkünfte sind zum Beispiel der Lohn.
Arbeitgeber dürfen diesen höheren Steuersatz aber nicht auf die monatliche Lohnzahlung anwenden. Deswegen führen Betriebe und Unternehmer erst einmal weniger Steuern ab und überweisen Gehälter mit dem alten Steuersatz. Mit der Steuererklärung holt sich das Finanzamt dann das fehlende Geld wegen des veränderten Steuersatzes zurück.

Wen trifft der Progressionsvorbehalt?
Die Nachzahlung droht allen Kurzarbeitern, die Kurzarbeitergeld zusätzlich zum Lohn erhalten haben. Wenn Sie beispielsweise einige Monate lang ausschließlich Kurzarbeitergeld und währenddessen kein Gehalt von einem Arbeitgeber bekommen haben, dann müssen sie wahrscheinlich Ausgleichszahlungen nachträglich bezahlen. Ob das Finanzamt von Ihnen eine Steuernachzahlung verlangt, ist abhängig davon, wie viel Lohnsteuer sie gezahlt haben.
Wenn Ihr Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufgestockt hat, dann bleibt diese zusätzliche Zahlung steuerfrei, so steht es im Corona-Steuerhilfegesetz. Bedeutet: Die Aufstockung durch den Arbeitgeber und das staatliche Kurzarbeitergeld, dürfen zusammengerechnet nicht mehr als 80 Prozent des regulären Verdienstes ergeben.
Bereiten Sie sich auf Steuernachzahlungen vor
Damit einen der Bescheid zur Nachzahlung der Steuer nicht völlig unvorbereitet trifft, rät der Deutsche Gewerkschaftsbund Betroffenen, sich ausreichend Geld auf die Seite zu legen, um im Falle einer Nachzahlung ein gutes Finanzpolster zu haben. Rund 10 Prozent des ausgezahlten Kurzarbeitergeldes sollt man auf der hohen Kante haben.
Gleichzeitig kritisiert DGB-Vorstand Stefan Körzell: Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Koalition Millionen Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld erhalten, an dieser Stelle im Regen stehen lässt." Kurzarbeiter hätten ohnehin schon genügend Gehaltseinbußen. Da sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht noch zusätzlich mit Steuernachzahlungen zu kämpfen haben, so Körzell weiter.

DGB fordert: Progressionsvorbehalt aussetzen
"Für die Dauer der Pandemie, also auch für das Jahr 2021, sollten mindestens Menschen mit geringeren Einkommen von einer durch den Progressionsvorbehalt ausgelösten Steuernachzahlung verschont werden." heißt es in einer Pressemitteilung des DGB. Darin fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund einen pragmatischen Umgang mit der Krisen-Situation. Die Pandemie dauere noch an und davor könne die Politik die Augen nicht verschließen. Von der kompletten Aussetzung des Progressionsvorbehalts bis hin zu einem befristeten und auf den Progressionsvorbehalt bezogenen Freibetrag, müsse alles in diesen herausfordernden Zeiten diskutiert werden, heißt es. Doch eines ist laut DGB klar: Die jetzige Regel fördert unnötige Mehrbelastungen, die gerade in diesen Zeiten Betroffene in große finanzielle Schwierigkeiten bringen könnte.