Leifheit "Kein Stein bleibt auf dem anderen"

Die Firmenleitung des Haushaltsgeräteherstellers Leifheit krempelt das Unternehmen um und verlagert die Herstellung von über 400 Produkten ins Ausland - und hunderte Arbeitsplätze fallen weg.

Wäschespinne, Bügelbrett oder Schneebesen: Fast jeder deutsche Haushalt besitzt vermutlich ein Produkt von Leifheit. Seit 1959 stellt das Unternehmen mit Hauptsitz in Nassau an der Lahn nichtelektrische Haushaltsgeräte her. Ein Großteil der Produkte kommt künftig aus Tschechien oder asiatischen Niedriglohnländern. Weil die Produktion in Deutschland zu teuer ist, verlagert die Firma derzeit die Herstellung von 440 Waren, das ist fast die Hälfte des Sortiments. Bis Ende des Jahres müssen, wie im Dezember 2004 angekündigt, deutschlandweit 330 Mitarbeiter in Rheinland-Pfalz und den Zweigstellen in Baden-Württemberg gehen.

Es gibt kaum einen Firmenbereich, der nicht berührt wäre: "Es bleibt kein Stein auf dem anderen", sagt der Vorstandsvorsitzende der Leifheit AG, Hans-Georg Franke. Die Krise habe vor etwa vier Jahren begonnen. Die Deutschen hielten sich mit dem Geldausgeben zurück. Gleichzeitig begannen Discounter, günstige Haushaltsgeräte aus Asien anzubieten, die die Preise drückten. Ein Beispiel seien Personen- und Küchenwaagen. "Die kosten jetzt ungefähr noch die Hälfte von dem, was sie vor drei Jahren gekostet haben", klagt Franke. Die Umsätze von Leifheit sanken, 2004 wurde die Umstrukturierung beschlossen.

Entweder die Umstrukturierung oder die Schließung

Wegen der Umstrukturierung wies Leifheit im vergangenen Jahr unterm Strich einen Verlust von 7,3 Millionen Euro aus bei einem Umsatz von 317 Millionen Euro. Für Franke war dieser Weg unumgänglich. "Die Entscheidung war: Entweder wir machen die Umstrukturierung, oder wir schließen irgendwann komplett." Zum Jahresende soll das Unternehmen fest auf den neuen Beinen stehen.

"Für die betroffenen Mitarbeiter war das schlimm", sagt der Betriebsrat in Nassau, Erich Basset. Die Arbeitnehmervertreter schauten sich die Geschäftszahlen zusammen mit externen Beratern genau an. "Wir konnten der Rechnung der Geschäftsführung nichts entgegen halten", räumt Basset ein. Markus Hoffmann von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz erinnert daran, dass das Unternehmen Waren im hohen Preissegment herstellt. "Leifheit hat unter dem Geiz-ist-Geil-Trend zu leiden." Wenn die Umstrukturierung durch sei, habe die Firma allerdings auch nicht mehr viele weitere Möglichkeiten, um an der Kostenschraube zu drehen: "Dann bleibt nur, die Produktion in Deutschland komplett zu schließen."

Auf die Vorlieben der europäischen Nachbarn bauen

Die Geschäftsleitung will Leifheit künftig weniger abhängig vom deutschen Absatzmarkt machen. "In Ländern wie Frankreich, Spanien und Italien lässt sich noch viel bewegen. Dann kommen sicher Nordeuropa und Osteuropa ins Spiel", sagt Franke. Dabei gelte es, die Vorlieben der europäischen Nachbarn zu berücksichtigen. "In Italien finden Sie Wäschespinnen höchstens bei den Deutschen, die in die Toskana gezogen sind."

Nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden zeichnen Qualität und "funktionale Überlegenheit" die Ware von Leifheit im Vergleich zu den Produkten der Konkurrenz aus. "Wir versuchen, die ungeliebte Arbeit für die Hausfrau und natürlich auch für den Hausmann etwas bequemer, ein bisschen schneller und einfacher zu machen", erklärt Franke. Der 56-Jährige testet die Haushaltshilfen auch selbst. "Ich putze durchaus auch mal."

Bettina Grachtrup/DPA