ProSieben Premiere zeigt Interesse an Übernahme

Während der Pay-TV-Sender Premiere Interesse an ProSieben signalisiert, drohen die Direktoren der Landesmedienanstalten der Medienaufsicht KEK mit einem Veto zu deren Veto.

Der größte deutsche Pay-TV-Sender Premiere hat Interesse an einem Kauf des Fernsehsenders ProSieben signalisiert. "Grundsätzlich, zu vernünftigen Konditionen, könnte er sich das vorstellen", sagte ein Premiere-Sprecher am Freitag unter Berufung auf Firmenchef Georg Kofler. Der Axel Springer Verlag hatte den Verkauf von ProSieben angeboten, um die geplante Übernahme des TV-Konzerns ProSiebenSat.1 vom Kartellamt doch noch genehmigt zu bekommen. Analysten rechnen ProSieben - dem profitabelsten Teil des Münchener Medienkonzerns - einen Milliardenwert zu. Nach Medienberichten sind auch der französische Fernsehkonzern TF1 und Finanzinvestoren interessiert. Eine Sprecherin von ProSiebenSat.1 lehnte eine Stellungnahme ab.

Der Bezahlfernsehsender setzt stark auf Sport als Zugpferd für sein Geschäft und hatte im August 2005 in einem Rechtepaket für die Übertragung der Fußball-Champions-League erstmals auch Rechte für das frei empfangbare Fernsehen erworben. Nun muss Premiere entweder einen eigenen frei empfangbaren Fernsehsender aufbauen, kaufen oder mit einem etablierten Sender kooperieren. Bislang hatte Premiere eher eine Tendenz zum Aufbau eines eigenen Senders erkennen lassen. Premiere war im Bieterverfahren um die Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga unterlegen.

Springer verhandelt mit Franzosen

Der Springer-Verlag bemüht sich im Poker um seine Fernsehpläne offenbar um die Erfüllung der vom Bundeskartellamt gestellten Bedingungen. Das Verlagshaus verhandele mit dem französischen Fernsehkonzern TF 1 über einen Kauf des TV-Senders ProSieben, so das "Handelsblatt" unter Berufung auf Verhandlungskreise.

Der Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt, Reinhold Andert, ließ erkennen, dass die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) das Verbot des ProSiebenSat.1-Kaufes aus der Medienaufsicht KEK aufheben würde. Sollte die KDLM angerufen werden, "erwarte ich nicht, dass dieser Beschluss Bestand haben wird", erklärte Albert nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus den anderen Bundesländern.

Ohne ProSieben als renditestärkster Kanal dürfte der Preis deutlich sinken

Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hatte die Fusion von Springer mit der gesamten ProSiebenSat.1-Gruppe Anfang der Woche untersagt, weil sie bei einer Kombination der populären Fernsehprogramme mit den auflagenstarken Tageszeitungen des Verlages die Meinungsvielfalt bedroht sah. Die KDLM könnte dieses Votum mit Dreiviertel-Mehrheit kippen. Allerdings hatte auch das Bundeskartellamt ein Verbot des ursprünglichen Geschäftes wegen der entstehenden Macht auf dem Werbemarkt angekündigt. Daraufhin hatte sich Springer zur Zerschlagung der ProSiebenSat.1-Gruppe bereit erklärt.

Dem "Handelsblatt" zufolge gibt es mindestens sieben Kaufinteressenten für den TV-Kanal "ProSieben". Dazu zählten der Premiere-Gesellschafter Permira, die US-Mediengesellschaft CME, Providence (Kabel Deutschland), Veronis Suhler Stevenson ("Berliner Zeitung") und Cinven (Fachverlag Springer), berichtete die Zeitung unter Berufung auf Finanzkreise. Sowohl Bundeskartellamt wie auch die Medienaufsicht KEK hatten bereits Zustimmung zu diesem Lösungsansatz signalisiert. Beide Behörden forderten jedoch, ProSieben müsse verkauft werden, bevor Springer die restlichen Sender Sat.1, Kabel eins, N24 und 9Live übernimmt. Der Verlag wollte von US-Investor Haim Saban ursprünglich die gesamte TV-Gruppe für knapp drei Milliarden Euro kaufen. Ohne ProSieben als renditestärkster Kanal dürfte der Preis deutlich sinken.

Medienanstalten drohen KEK mit Veto bei ProSiebenSat.1

Die Direktoren der Landesmedienanstalten drohen der Medienaufsicht KEK damit, deren Ablehnung der Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Axel Springer Verlag zu kippen.

"Es bestehen Zweifel an der von der KEK zu Grunde gelegten Berechnungsmethode der Anteile der anderen medienrelevanten Märkte", begründeten die Direktoren der Landesmedienanstalten am Freitag im Anschluss an eine Sitzung. Zudem sei Springer der KEK und dem Kartellamt mit der Vorschlag entgegengekommen, einen Fernsehbeirat einzusetzen, um die Meinungsvielfalt zu sichern. Es sei davon auszugehen, dass die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten die KEK-Entscheidung überstimmen würde. "Sollte gegen den Beschluss der KEK die KDLM angerufen werden, erwarte ich nicht, dass dieser Beschluss Bestand haben wird", sagte der niedersächsische Vorsitzende der Direktorenkonferenz, Reinhold Albert.

Die KDLM kann binnen eines Monats nach der KEK-Entscheidung von einer der zuständigen Landesmedienanstalten einberufen werden. Die Direktoren können dann binnen drei Monaten mit einer Drei-Viertel-Mehrheit oder zwölf Stimmen die KEK-Entscheidung überstimmen. Eine erste Sitzung der Direktoren sei für den 31. Januar vorgesehen, sofern bis dahin ein Antrag gestellt und ein begründeter Beschluss der KEK vorliege.

Änderung oder neues Verfahren?

Angesichts der Zugeständnisse von Springer wäre der Verkauf des Senders ProSieben aus Sicht der Chefs der Medienanstalten nicht nötig. Der vom Verlagskonzern angebotene Verkauf würde aber zu einer neuen Lage führen, die von der KEK schon jetzt berücksichtigt werden solle, um das Verfahren zu beschleunigen. Ein Verkauf würde die Entscheidungsgrundlagen der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) - die von einer kompletten Übernahme der Sendergruppe ausging - wesentlich verändern und müsste zu einer Neubewertung des Falls führen. Da die KEK den ausgefertigten Beschluss noch nicht vorgelegt habe, sei das Verfahren - entgegen der Ansicht der Kommission - noch nicht abgeschlossen. Springer müsste seinen bestehenden Antrag deshalb nur ändern.

Ein Verkauf von ProSieben wäre ein neues Vorhaben, das dann bei den zuständigen Landesmedienanstalten neu angemeldet werden müsste, hatte dagegen KEK-Geschäftsführer Bernd Malzanini erläutert. Dann würde es zu einem neuen Verfahren bei der KEK kommen. Für den Fall, dass Springer auf einen der beiden großen Sender ProSieben oder Sat.1 verzichtet, stellt die Medienaufsicht eine Genehmigung in Aussicht. Zum Zeitpunkt der KEK-Entscheidung war Springer dazu nicht bereit. Den Verkauf von ProSieben schlug Springer erst zwei Tage später vor, um doch noch die Genehmigung durch das Bundeskartellamt zu erreichen. Die Wettbewerbshüter wollen bis zum 20. Januar entscheiden.

Springer hatte einen Beirat mit Veto- und Kontrollrechten vorgeschlagen

Die KEK hatte die Übernahme nicht genehmigt, weil Springer ihrer Ansicht nach eine vorherrschende Meinungsmacht erlangen würde. Die starke Position von ProSiebenSat.1 im privaten Fernsehen in Kombination mit der überragenden Stellung des "Bild"-Verlegers Springer in der Tagespresse würde zu einem Einfluss führen, der einem Zuschaueranteil von mehr als 42 Prozent im Fernsehen entspräche.

Mit dem von der Medienaufsicht vorgeschlagenen TV-Beirat mit umfangreichen Einflussmöglichkeiten auf das Programm konnte sich Springer nicht anfreunden. Der Verlag selbst hatte einen Beirat mit Veto- und Kontrollrechten vorgeschlagen.

Reuters/AP/DPA AP DPA Reuters

Mehr zum Thema

Newsticker