RWE Die Vollversorger

Warum bezahlt ein Konzern einen Politiker fürs Nichtstun? Und warum bekommt der CDU-General Meyer billigen Strom? Eine Spurensuche bei RWE.

Korruption" ist ein böses Wort. Wer jemanden öffentlich und fälschlich der Korruption bezichtigt, macht sich wegen übler Nachrede strafbar. Besonders schwer wird bestraft, wenn sich die üble Nachrede gegen Personen des öffentlichen Lebens richtet - etwa gegen den Vorsitzenden der CDU-Arbeitnehmer und Landtagsabgeordneten HermannJosef Arentz, 51, der im Falle eines CDU-Wahlsieges in Nordrhein-Westfalen Arbeitsminister geworden wäre.

Arentz hat, was inzwischen jeder weiß, von der Firma Rheinbraun (jetzt RWE) seit 1992 Gehalt und kostenlosen Strom bezogen, zuletzt 60.000 Euro im Jahr plus 7500 Kilowattstunden. Seine Gegenleistung? Man kann ihn nicht mehr fragen. Nach dem Eklat ist er von allen Ämtern zurückgetreten (auch von dem bei RWE) und verreist.

Fragen kann man zurzeit nur die Firma RWE. Die zählt zu den führenden "Multi Utility"-Konzernen dieser Welt. "Multi Utility" heißt auf Deutsch "Vollversorgung". Darunter hat man - bisher - nur die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser verstanden.

Zuständig für Presseanfragen

ist der Konzernsprecher Bill McAndrews in Essen. Über seine Sekretärin lässt er ausrichten, der Konzern sage nichts dazu. Man möge sich an den Sprecher der Konzerntochter RWE Power wenden, Herrn Manfred Lang.

Also, Herr Lang, wofür hat Herr Arentz Geld gekriegt? "Wofür der Geld bekommen hat? Sein Vertragsverhältnis ruht im Moment." Jetzt ja, aber vorher? "Es war also offiziell so, dass er also bei uns angestellt war, und aufgrund seiner Tätigkeit in der Politik eben halt punktuell für uns auch da Beratungstätigkeiten noch É" Was heißt punktuell? "Punktuell? Ja, nicht regelmäßig." Und wobei hat er beraten? "Äh, in sozialen Fragen. Haben Sie unsere Pressemeldung nicht bekommen?" Doch, die kennen wir. Aber was beinhaltet "Beratung in sozialen Fragen" konkret? "Das heißt, dass in bestimmten Fragen eben halt da auch seine Sachkompetenz in sozialpolitischen Fragen eben halt für uns gefragt war." Da können wir uns nichts drunter vorstellen. Geht es konkreter? "Das kann ich jetzt nicht. Da müssen Sie mit dem leben, was ich Ihnen jetzt auch nur sagen kann."

Kann er nicht? Will er nicht? Darf er nicht? "Das weiß ich im Moment nicht, weil das in die einzelnen Fachbereiche reingeht, da müsste ich mich dann letztendlich informieren. Das ist aber so ohne Weiteres nicht möglich." Das wollen wir aber wissen, fragen Sie doch mal nach. Lang: "Das wird aber dahingehend schwierig, weil das ja auch in Bereiche hineinspielt, die eben halt, na, wie soll ich sagen, in Richtung Hintergrundinformationen gehen."

Weil das Rumeiern mit Herrn Lang nichts bringt, fragt der stern schriftlich beim frisch gebackenen RWE-Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Fischer an, seines Zeichens Chef der Westdeutschen Landesbank (WestLB). Herr Doktor Fischer lässt ausrichten, dass der Skandal bei der RWE dort "mit der notwendigen Aufmerksamkeit behandelt wird und etwaige Erkenntnisse, die von Bedeutung sind, über die Konzernkommunikation der RWE verteilt werden".

In der Tat erhält der stern die folgende "Erkenntnis von Bedeutung" am nächsten Tag per Fax: Hermann-Josef Arentz habe seine Tätigkeit bei RWE Zug um Zug eingeschränkt, "seine beratende Tätigkeit beschränkte sich ausschließlich auf sozialpolitische Fragen".

Fakt ist dies:

Seit Jahren haben SPD und CDU nach ungeschriebenen Gesetzen genau austarierte Ansprüche auf Versorgungsposten beim Vollversorger RWE. Oder auf andere höchst angenehme Vergünstigungen. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer etwa profitiert dort, wie andere RWE-Mitarbeiter auch, von billigem Strom und einem zinsgünstigen Darlehen für sein Haus. Als er in den Düsseldorfer Landtag gewählt wurde, stellte ihm die RWE-Tochter VEW außerdem einen Dienstwagen mit Chauffeur. Meyer be-stätigt das: "Aufgrund meiner beruflichen Position als kaufmännischer Leiter der VEW-Bezirksdirektion Arnsberg hatte ich Anspruch auf einen Dienstwagen mit Fahrer."

Für RWE wichtige Kommunalpolitiker, so ein Insider, haben mitunter höhere Einkünfte als Abgeordnete des Bundestages. Ihr einziger Unterschied zu Hermann-Josef Arentz: Sie alle leisten zumindest pro forma etwas für RWE, etwa einen kleinen Vortrag, für den sie sich während der Parlamentsferien, so der Insider, "da mal hinquälen". Hermann-Josef Arentz hat als Einziger überhaupt nichts getan. Und RWE hat das geduldet. Man kann ja nie wissen, wofür so ein designierter Arbeitsminister einmal gut sein kann.

Als Arentz, noch in allen Ämtern und Würden, auf dem Düsseldorfer CDU-Parteitag fragte: "Was macht ihr bei mir so eine Welle?", schließlich verdiene der Finanzexperte Friedrich Merz, ein Anwalt, ja auch was nebenher, brüllte Merz ihn an und scheute nicht vor dem bösen Wort zurück: "Was ich mache, ist Arbeit - was du machst, ist Korruption!"

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Jürgen Steinhoff