"Wir gehen davon aus, dass auch in unseren Reihen Fälle hochkommen werden", sagte Ralf Heckmann laut "Euro am Sonntag". Unterdessen hat die Alternativ-Gewerkschaft AUB angekündigt, ihre Konten auf verdeckte Zahlungen überprüfen zu lassen. Heckmann, der als Siemens-Gesamtbetriebsratschef selbst IG-Metall-Mitglied ist, wird von der Zeitung weiter mit den Worten zitiert: "Ich möchte nicht für alle der mehr als hundert IG-Metall-Betriebsratsvorsitzenden bei Siemens meine Hand ins Feuer legen."
Dieter Scheitor, Siemens-Beauftragter der IG Metall und Aufsichtsratsmitglied des Elektrokonzerns, widersprach Heckmann: "Wir gehen felsenfest davon aus, dass die 1.200 IG-Metall-Betriebsräte bei Siemens integer und sauber sind", sagte Scheitor. Darin sei er sich mit IG-Metall-Vizechef Berthold Huber einig. Scheitor erklärte jedoch, bei einer so großen Zahl von Betriebsräten könne man Einzelfälle von Begünstigung nicht ausschließen. "Aber dann gilt das Prinzip der lückenlosen Aufklärung."
IG-Metall rechnet mit Durchsuchung der Büros
Heckmann, der auch stellvertretender Siemens-Aufsichtsratschef ist, war nicht mehr zu einer Stellungnahme zu erreichen. Er hatte nach Angaben der Zeitung auch gesagt, er rechne damit, dass die Staatsanwaltschaft rasch aktiv werde und auch das Büro des Gesamtbetriebsrats durchsucht werden könnte.
In der Schmiergeld-Affäre wird bisher wegen angeblich verdeckter Millionenzahlungen an die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) ermittelt. Die Unternehmensberatung des ehemaligen Chefs der Alternativ-Gewerkschaft, Wilhelm S., soll ohne Gegenleistung mehr als 15 Millionen Euro von Siemens kassiert haben. Die IG Metall hat in dem Fall Strafanzeige gegen unbekannt gestellt.
Wurde AUB als Gegen-Gewerkschaft von Siemens finanziert?
Gewerkschaftschef Jürgen Peters hatte erklärt, es gebe Indizien, dass die AUB durch Siemens finanziert worden sei, um eine Art Gegen-Gewerkschaft zur IG Metall aufzubauen. Als Reaktion auf den Verdacht will die AUB die eigenen Konten von einem Wirtschaftsprüfer durchleuchten lassen, bestätigte die stellvertretende AUB-Bundesvorsitzende, Ingrid Brand-Hückstädt, der "Financial Times Deutschland". Man wolle wissen, wie viel Geld tatsächlich von dem inzwischen als Gewerkschaftschef zurückgetretenen Wilhelm S. in den vergangenen sechs Jahren an die AUB gezahlt worden sei. "Jetzt schauen wir uns alles genau an" sagte Brand-Hückstädt.
Sie räumte Versäumnisse in der Vergangenheit ein: "Transparenz war früher nicht gewünscht. Wer die einforderte, dem wurde die Welt auf sehr charismatische Art in fünf Minuten neu erklärt und der wurde in seine Schranken verwiesen", sagte sie in Anspielung auf die jahrelange AUB-Führung unter S., der die Gewerkschaft über 20 Jahre leitete. Siemens hatte bestätigt, dass der Zentralvorstand und Leiter des Siemens-Europageschäfts, Johannes Feldmeyer, im Jahr 2001 einen Vertrag mit der Unternehmensberatungsfirma von S. unterschrieben hatte. Feldmeyer, gegen den die Nürnberger Staatsanwaltschaft wegen Untreue ermittelt, war am Mittwoch gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden.