Wer mit Bären Geschäfte machen will, muss sich frühzeitig die Rechte sichern. Zuletzt ließ sich der Berliner Zoo noch rechtzeitig die Marke Knut für sein Eisbärenbaby schützen. Trickfilmpionier Walt Disney hingegen hatte das Nachsehen, als er 1937 aus dem Kinderbuch des englischen Autors A.A. Milne seinen nächsten Erfolg machen wollte. Der Engländer hatte die Rechte für Merchandising, Radio, Fernsehen "oder andere mechanische Instrumente" bereits sieben Jahre zuvor gegen 1000 Dollar Vorschuss an Stephen Slesinger verkauft, einen geschäftstüchtigen kalifornischen Literaturagenten.
Der Vertrag von damals führt dazu, dass Disney bis heute teilen muss - und gleichzeitig seit Jahren versucht, sich dieser Pflicht zu entledigen. Im Februar hat ein Gericht in einer wichtigen Entscheidung geurteilt, dass Disney den Kontrakt nicht mithilfe von Milne-Erben beenden kann. Eine große Niederlage. Am Mittwoch gelang Disney ein kleiner Sieg: Gegenklagen von Slesingers Witwe wurden ebenfalls abgewiesen. Shirley Slesinger verlangt Schadenersatz von Disney und taxiert die möglichen Kosten für den Konzern auf zwei Mrd. Dollar. Die Prozesse aber gehen weiter.
Die wertvollste Disney-Figur vor Micky Maus
Dabei hatte Walt Disney von Beginn an das Risiko aus dem Slesinger-Vertrag erkannt. 1961, der Literaturagent war tot, einigte er sich mit Shirley Slesinger. Disney übernahm die Rechte und versprach Slesinger, einer Ex-Revue-Tänzerin, vier Prozent aller Erlöse. Milnes Witwe wurden 2,5 Prozent zugesagt. 1966 kam endlich der Pu-Film in die Kinos.
Vier Prozent mag wenig klingen. Doch Pu der Bär ist - vor Micky Maus - die wertvollste Disney-Figur und zählt zu den global umsatzstärksten Merchandising-Marken. Über eine Mrd. Dollar erlöst Disney jährlich mit Pu.
Als die Pu-Merchandising-Maschinerie zu laufen begann, kam es um 1980 zum ersten Rechtsstreit. Bis heute wirft Shirley Slesinger dem Konzern vor, er rechne nur einen Teil der Umsätze ab. Damals einigte man sich, den Lizenzanteil auf zwei Prozent zu senken und im Gegenzug für mehr Produkte zu zahlen. Doch seit 1991 läuft ein zweiter Rechtsstreit - einer der längsten der US-Geschichte.
Disney schreibt Rechtsgeschichte
Disney sicherte sich 2002 die Unterschrift der Milne-Enkelin, die unter einer angeborenen Gehirnkrankheit leidet und in England in einem Heim lebt. Mit ihrer Hilfe suchte der Konzern, den alten Vertrag zwischen dem Zeichentrickpionier Milne und der Witwe Slesinger zu beenden - allerdings vergeblich.
Die Versuche des Disney-Konzerns, seine Rechte abzusichern, schreiben dabei mittlerweile Rechtsgeschichte. Die Verlängerung der Urheberrechtsfristen in den USA seit 1998 etwa ging unter dem Beinamen "Mickey Mouse Protection Act" in die Literatur ein.