Überfälle vor Somalia Jede fünfte Reederei bereits Piraten-Opfer

Die unsicheren Gewässer vor Afrika machen den deutschen Reedern schwer zu schaffen: Jeder fünfte wurde bereits Opfer eines Piraten-Überfalls. Die Unternehmen rüsten ihre Schiffe für viel Geld auf, fahren lange Umwege - und haben mittlerweile große Probleme, Personal zu finden.

Piraten greifen mit ihren Überfällen vor Afrika auch die Finanzlage der deutschen Reeder an. "Bisher ist schon jede fünfte Reederei von Piraterie betroffen", sagte Claus Brandt von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers am Donnerstag in Hamburg. Die Kosten, um Überfälle abzuwehren, machten den Unternehmen schwer zu schaffen: "Die Belastung geht in die Millionen für jede einzelne Reederei." Nach einer Umfrage der Gesellschaft nimmt ein Fünftel der Unternehmen längere und damit teurere Ausweichrouten in Kauf. Gut die Hälfte muss bis zu 30 Prozent höhere Versicherungsprämien zahlen.

Ein Fünftel der Reedereien rüstet sich mit Sicherheitsmaßnahmen gegen Piratenangriffe: "Die Gegenmaßnahmen reichen von einem Kanonenboot und Natodraht am Schiff bis hin zu russischen Soldaten als Bordwachen." Manche hätten sogar Lösegeldversicherungen abgeschlossen - "eine ganz neue Versicherungsart". 62 Prozent der Unternehmen sehen keine Möglichkeit, die hohen Folgekosten auf ihre Kunden abzuwälzen. "Nur zwei von zehn Reedern sind der Ansicht, dass sie ihre Mehrausgaben durch Preiserhöhungen wenigstens teilweise ausgleichen können", berichtete Brandt.

Reeder: Problem international lösen

Seit den zunehmenden Piratenüberfällen besonders vor dem Horn von Afrika haben 20 Prozent der Unternehmen zudem Probleme, Personal für die gefährlichen Passagen zu finden. Fast alle befragten Reeder halten Piraterie für ein internationales Problem, das nicht auf nationalstaatlicher Ebene gelöst werden kann.

An der Umfrage "Deutsche Reeder zwischen Piraten und Wirtschaftskrise" nahmen im Juni 101 Reedereien teil, die mehr als 3500 Schiffe betreuen und gut 76.000 Mitarbeiter beschäftigen. Damit decken sie laut Brandt rund 80 Prozent des deutschen Marktes ab.

Zwei Drittel von Wirtschaftskrise betroffen

Auch von der Wirtschaftskrise fühlen sich die deutschen Reeder stark gebeutelt: Zwei Drittel der Befragten leiden der Umfrage zufolge unter der weltweiten Rezession, nur acht Prozent fühlen sich bisher nicht oder kaum betroffen. Gut jedes dritte Unternehmen habe wegen der Krise Schiffe vorübergehend außer Dienst gestellt, betonte Brandt. 30 Prozent der Reedereien haben Aufträge für den Bau neuer Frachter oder Passagierschiffe verschoben oder sogar storniert, fast jedes fünfte Unternehmen hat Mitarbeiter entlassen.

"Deutlich bemerkbar macht sich auch die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe", sagte Brandt. 83 Prozent der Reedereien mussten ihr Finanzierungskonzept insgesamt ändern, 41 Prozent zahlen für Schiffsfinanzierungen höhere Zinsen als vor Beginn der Krise. Bei 15 Prozent der Befragten zogen Banken die Kreditzusage zurück.

DPA
DPA