Unternehmen + Märkte Nach dem Börsengang kann Geox durchatmen

Den Erfolg eines Unternehmens macht vor allem eines aus: Eine gute Idee. Bestes Beispiel hierfür ist Mario Moretti Polegato, Chef und Gründer des italienischen Schuhproduzenten Geox. Sein Slogan: "Basta mit den Stinkefüßen".

Mario Moretti Polegato hatte vor rund zehn Jahren bei einer Wanderung in den Rocky Mountains die gute Idee, etwas gegen Schweißfüße zu unternehmen - und legte mit seinem innovativen Konzept einen derart rasanten Aufstieg hin, dass seine "Schuhe, die atmen" jetzt an der Mailänder Börse notiert sind. Und obwohl der Börsengang als der fulminanteste des Jahres gilt - bereits am ersten Tag legte die Geox-Aktie um 19,17 Prozent auf knapp 5,5 Euro zu - will sich der Konzern noch lange nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.

Geld war kein Grund für den Börsengang

"Unsere Pläne sind global ausgerichtet, wir sind sehr ehrgeizig", sagt Moretti Polegato selbstsicher, und seine Augen blitzen hinter der markanten Brille. Schon heute belegt seine Firma weltweit den vierten Platz auf dem Freizeitschuh-Markt, gleich hinter den Branchenriesen Clarks, Timberland und der dänischen Firma Ecco. Langfristiges Ziel sei es jedoch, Geox zur Nummer eins in allen Bereichen zu machen - allen voran bei den Sportschuhen. So erklärt Moretti Polegato auch den Börsengang: Das sei keine Geldfrage gewesen, davon habe Geox bereits reichlich. Internationale Visibilität zu gewinnen sei der Hintergrund, den Namen Geox bei Spitzenmanagern in aller Welt bekannt zu machen.

Denn die Konkurrenz von Giganten wie Nike und adidas ist groß, das weiß der elegante Manager. Aber er allein hat das Patent auf die Anti-Schwitz-Membran in den Gummisohlen. Und es waren eben ausgerechnet Firmen wie Nike und adidas, die das neuartige Konzept nicht haben wollten, als Moretti Polegato vor Jahren bei ihnen anklopfte. Denn ursprünglich wollte der smarte Norditaliener überhaupt kein eigenes Unternehmen gründen. Schließlich ist seine Familie bereits Herr über eines der größten Wein- und Prosecco-Unternehmen des Landes.

An die eigene Idee geglaubt

"Dann habe ich aber entschieden, die Idee selbst auf den Markt zu bringen", erzählt Moretti Polegato und in seiner Stimme schwingt unverhohlener Stolz. Zunächst habe er sich über den Namen Gedanken gemacht - eine gute Idee soll schließlich im Ohr klingen. "Geo" heiße schlicht "die Erde, denn der beste Schuh sind immer noch nackte Füße auf der Erde"; das "X" stehe für Technologie. Anschließend heuerte er fünf Manager aus der Nähe seiner norditalienischen Heimatstadt Montebelluna - unweit von Venedig - an. Die glaubten an das Konzept. Heute hat Geox 5000 Mitarbeiter in 68 Ländern.

Das Geheimnis seines Erfolges sieht Moretti Polegato in seiner amerikanischen Industrie-Mentalität: Geforscht, entwickelt und kommuniziert wird von Italien aus, aber die Herstellung der atmenden Schuhe erfolgt ausschließlich im Ausland, so etwa in Rumänien und der Slowakei. Das ist billiger. Drei Prozent des Gesamtumsatzes fließen in die Sparten Innovation und Entwicklung, immerhin 10 Prozent in Kommunikation und Werbung, aber auch kräftige Investitionen in die Ausbildung neuer Jungmanager sind für Geox enorm wichtig.

Kollektionen auf jeweiliges Land zugeschnitten

Und der Umsatz ist erheblich und belief sich dank 6,6 Millionen verkaufter Schuhe im vergangenen Jahr auf 254,1 Millionen Euro. Für 2004 rechnet der Konzern mit dem Verkauf von mehr als neun Millionen Freizeittretern und 340 Millionen Euro Umsatz. Die mächtige Mediobanca kürte Geox in diesem Jahr gar zur privaten Firma mit dem größten Profit-Wachstum in ganz Italien. Dabei gibt es das Unternehmen erst seit neun Jahren, seit 2000 werden die Schuhe mit den Schweiß-Foren auch ins Ausland exportiert. Hauptabnehmer sind derzeit Deutschland, Spanien und die Benelux-Staaten, wo im kommenden Jahr mit einem Umsatzwachstum von jeweils 50 Prozent gerechnet wird. Die Besonderheit: Die Firma studiert zunächst die Modetrends in den einzelnen Ländern und bringt dann je nach Geschmack unterschiedliche Kollektionen in ihre weltweiten Geschäfte.

Das Motto "Schluss mit den Stinkefüßen" soll derweilen künftig auf die gesamte Körper-Transpiration übertragen werden. Die atmungsaktive, aber wasserdichte Membran gibt es bereits in Sportjacken und eleganten Stöckelschuhen, Anzüge und Blazer sind das längerfristige Ziel. Momentan macht der Bekleidungssektor nur vier Prozent des Umsatzes aus, jedoch soll sich diese Zahl im nächsten Jahr verdreifachen. "Den Italienern fehlt einfach die Kultur, ihre eigene Kultur zu nutzen", sagt Moretti Polegato. Das hat er geändert. Und wurde mit seiner Anti-Schweiß-Mission im vergangenen Jahr von der Beratungsfirma Ernst & Young zum "besten italienischen Unternehmer der Welt" gewählt.

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Carola Frentzen, dpa