Wegen des Arzneimittel-Sparpakets der großen Koalition könnten auf Patienten hohe Mehrkosten zukommen. Davor warnen die Krankenkassen in ihrer Stellungnahme zu dem geplanten Gesetz.
Weil die Festbeträge für die Erstattung durch die Krankenkasse teils drastisch gesenkt werden sollen, sei zu befürchten, dass Patienten für Medikamente erhebliche Summen aus eigener Tasche draufzahlen müssen. Aufzahlungen von bis zu 336 Euro pro Packung seien zu erwarten. Außerdem bezweifeln die Krankenkassen, dass das Gesetz die gewünschten Einsparungen von 1,3 Milliarden Euro pro Jahr bringt. Realistisch sei vielmehr nur eine Milliarde. Im laufenden Jahr würden wahrscheinlich nur 665 Millionen Euro zusammen kommen, statt der von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt veranschlagten eine Milliarde.
Die Kritik der Kassenverbände richtet sich vor allem gegen die geplanten Änderungen beim Festbetragssystem. Festbeträge sind Preisobergrenzen für die Erstattung durch die Krankenkassen. Sie gelten für ältere Arzneien ohne Patentschutz und neue, die gegenüber bewährten älteren Medikamenten keinen Zusatznutzen haben. Durch veränderte Regeln für die Bestimmung der Festbeträge sei die Senkung der bisherigen Erstattungsgrenzen um bis zu 65 Prozent zu erwarten, heißt es in der Stellungnahme.
Von 265 Wirkstoffen stünden 95 nicht mehr zum Festbetrag zur Verfügung
Die Krankenkassen unterstellen, dass die Hersteller diesen Preisverfall nicht mitmachen. Folge wäre, dass Patienten die Differenz zwischen Festbetrag und tatsächlichem Preis aus eigener Tasche zahlen müssen, und zwar zusätzlich zu den gesetzlichen Zuzahlungen.
Nur noch 45 Prozent der Verordnungen seien künftig ohne Aufzahlung erhältlich, sagen die Kassen voraus. Von 265 Wirkstoffen stünden 95 nicht mehr zum Festbetrag zur Verfügung. Um dies abzuwenden, schlägt die Koalition vor, dass die Kassen Rabattverträge mit den Arzneimittelherstellern vereinbaren und so ihre Versicherten vor Aufschlägen bewahren. Die Kassen glauben aber nicht daran: "Es ist kaum zu erwarten, dass die pharmazeutischen Unternehmen freiwillig flächendeckend allen Krankenkassen Rabattverträge anbieten, wenn sie andererseits nicht bereit sind, Preissenkungen auf den Festbetrag vorzunehmen." Das "Versorgungsproblem" bleibe folglich ungelöst.
Andere Elemente des Spargesetzes finden hingegen die Zustimmung der Kassen, darunter die von den Ärzten schwer attackierte Bonus-Malus-Regel, nach der Ärzten mit zu hohen Verordnungen das Honorar gekürzt werden kann. Auch das zweijährige Preismoratorium für Arzneien sei sinnvoll, ebenso die geforderten Preissenkungen für Generika und das Verbot von Naturalrabatten. Das Arzneimittel-Spargesetz soll zum 1. April in Kraft treten.
AP/DPA