Beschäftigte sollen künftig die Beiträge zum Krankengeld allein bezahlen. Die bisher paritätische Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird damit aufgegeben. Wer zudem den Hausarzt nicht als Lotsen akzeptiert, soll einen Selbstbehalt bis zu zwei Prozent seines Bruttoeinkommens tragen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) stellte am Dienstag der SPD-Fraktion die Eckpunkte ihrer Gesundheitsreform vor, mit der sie den Beitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung von derzeit mehr als 14 auf unter 13 Prozent drücken will.
Partei und Fraktion auf "Effizienzkurs"
Sie habe dafür «einhellige Zustimmung» gefunden, sagte die Ministerin nach der Fraktionssitzung in Berlin. Sowohl die Partei als auch die Fraktion seien entschlossen, die «Effizienzkur» im Gesundheitswesen auf den Weg zu bringen. Um den Beitragssatz auf unter 13 Prozent zu senken, müssten 13 Milliarden Euro eingespart werden. Dies gehe nicht ohne «schmerzhafte Maßnahmen», wie es in dem Papier heißt. Tatsächlich müssten dem Vernehmen nach bis zu 20 Milliarden Euro erwirtschaftet werden, da im laufenden Jahr ein Anstieg des durchschnittlichen Kassenbeitrags auf knapp 15 Prozent droht.
Zahlungen bleiben bei GKV
Es falle «niemandem leicht, dass das Krankengeld aus der paritätischen Finanzierung herausgenommen» werde, sagte Schmidt. Das Krankengeld, das im Normalfall nach sechs Wochen Krankheit von den Kassen bezahlt wird, soll aber weiter unter dem Dach der GKV bleiben und damit weiter solidarisch finanziert werden. Die Entlastung kommt den Arbeitgebern zugute. In dem von Schmidt vorgelegten Papier heißt es: «Versicherte, die sich einer rationalen Steuerung im Gesundheitswesen entziehen, sollen künftig einen Selbstbehalt in Höhe von zwei Prozent des Bruttoeinkommens leisten.»
Reform schon vor zwei Wochen angekündigt
Als Ziel der Reform wird eine umfassende Verbesserung der Versorgungsqualität im Gesundheitswesen angestrebt, mehr Wettbewerb, die Konzentration von Leistungen und Finanzierung auf das medizinisch Notwendige sowie die Transparenz von Angeboten, Leistungen und Abrechnungen. Die Gesundheitsreform hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor gut zwei Wochen in seiner Regierungserklärung mit angekündigt.
Verhältnis stimmt nicht mehr
Die Ministerin erklärte, im Verhältnis zum Aufwand der eingesetzten Finanzmittel sei das deutsche Gesundheitswesen zu teuer, zu wenig wirksam und zu wenig an den Erfordernissen der Patienten orientiert. Das Gesundheitswesen sei dem ständigen Druck einer Vielzahl von Lobbyisten ausgesetzt. Die Kernaufgaben der sozialen Krankenversicherung und die Verfügbarkeit der medizinisch notwendigen Leistungen sollten dauerhaft gesichert werden.
Union kritisierte
Die Union kritisierte Schmidts Konzept als unzureichend. Mit ihren Vorschlägen werde die Ministerin bei den Kassenbeiträgen «mit Müh' und Not die 14-Prozent-Marke wieder erreichen», zeigten sich die CDU-Sozialpolitiker Andreas Storm und Annette Widmann-Mauz überzeugt. Die Unionspolitiker warfen Schmidt vor, sie wolle die freie Arztwahl «durch die Hintertür» abschaffen. Sie gefährde durch die Zulassung des Versandhandels für Medikamente zudem die sichere Rund-um-die Uhr-Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.