Der Neue will zunächst alles beim alten lassen. Nikolaus von Bomhard, künftiger Chef des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück, setzt trotz der Ertragsprobleme im vergangenen Jahr und eines massiven Kursverfalls auf Beständigkeit und Solidität. "Für einen Strategiewechsel gibt es keinen Grund", sagte der 46-Jährige am Mittwoch bei seinem ersten Auftritt als designierter Vorstandschef in München. Auch nach dem Generationswechsel in der Vorstandsetage solle sich am Kurs der Münchener Rück nicht viel ändern. In der Außenwirkung hat sich der Wechsel an der Konzernspitze aber schon bemerkbar gemacht.
Deutlich kommunikativer als der Vorgänger
Während der scheidende Konzernchef Hans-Jürgen Schinzler die Öffentlichkeit mied und aus dem Hintergrund wirkte, wich Bomhard Kameras und Mikrofonen nicht aus. Bei den Mitarbeitern wird er für seine kommunikative Art gepriesen. An der Börse nährt dies die Hoffnung, dass sich die Münchener Rück nach Jahrzehnenten der Verschwiegenheit etwas öffnet. Vor allem in den vergangenen Monaten hatte die traditionelle Zurückhaltung des Konzerns an den Kapitalmärkten für Verärgerung gesorgt. Innerhalb weniger Tage verlor die Aktie im März ein Drittel an Wert. Begründet wurde dies unter anderem mit zu spärlichen Informationen über die Details einer Anleihe.
Früher reichten die Kapitalanlagen
Jahrelang hatte die Münchener Rück im Schatten der Börsenstars still und unauffällig vor sich hin gearbeitet und die Aktionäre regelmäßig mit Rekordgewinnen erfreut. Die Aktie kostete zeitweise fast 400 Euro. Mit der Bezeichnung der "Grauen Eminenz im DAX" hatte man in der feinen Königinstraße am Englischen Garten damals keine Probleme. Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Tropenstürme konnten den Konzern allenfalls kurzfristig aus der Ruhe bringen. Hohe Schadenszahlen für Versicherungsfälle konnte das Unternehmen durch Gewinne aus Kapitalanlagen mühelos ausgleichen.
Mit dem 11. September kamen harte Zeiten
Doch seit dem 11. September 2001 hat sich das geändert. Die Terroranschläge mit dem größten Einzelschaden in der Geschichte des Unternehmens gepaart mit der Börsenkrise setzten der Münchener Rück schwer zu. "Spätestens jetzt hätte der 'Schlafende Riese' aufwachen müssen", sagt ein Branchenkenner. "Die Zeiten haben sich geändert, aber die Münchener Rück nicht." Die Zurückhaltung der Münchener Rück passe nicht mehr zu der neuen Börsenwelt. Auch der neue Konzernchef könnte Änderungen aber wegen der traditionsverbundenen Firmenstrukturen allenfalls langsam durchsetzen. Seine Amtszeit dürfte ihm dafür genug Zeit lassen - denn Vorstandswechsel sind beim weltgrößten Rückversicherer Münchener Rück schon fast ein historisches Ergeignis. In der fast 125-jährigen Firmengeschichte hatte das Unternehmen erst sieben Chefs.