Deutsche Versicherer, darunter die Münchener Rück und die Allianz, haben sich mit mehr als drei Milliarden Euro bei dem angeschlagenen Immobilienimperium des Milliardärs René Benko engagiert. Das Firmennetzwerk von Benkos Signa-Gruppe hat nicht nur Kredite bei Banken wie Julius Bär und Unicredit aufgenommen, sondern sich auch in hohem Maße auf die Finanzierung durch mehr als ein halbes Dutzend Versicherer verlassen, wie aus Dokumenten hervorgeht, die von der "Financial Times" (FT) eingesehen wurden, sowie von Personen, die die Details aus erster Hand kennen. Laut diesen Insidern ist etwa ein Drittel dieses Engagements nicht durch Sicherheiten gedeckt. "Für einige Versicherer wird dies daher äußerst schmerzhaft werden", sagte einer der Personen.
Die Signa Holding, der Mutterkonzern, zu dem unter anderem das Selfridges in London, das Chrysler-Gebäude in New York und das KaDeWe in Berlin gehören, hat im vergangenen Monat Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen hatte bis Ende September einen Schuldenberg von fünf Milliarden Euro angehäuft, den größten Teil davon in den ersten neun Monaten dieses Jahres.
Weitere Signa-Insolvenzen wahrscheinlich
Benko hat die Gesamtverschuldung der Firmen innerhalb der Signa-Gruppe nicht beziffert, aber nach Angaben von Personen, die mit der Struktur vertraut sind, haben die einzelnen Unternehmen der Gruppe mehr als doppelt so viel Geld aufgenommen. Viele dieser Firmen, aber Personen, die sich mit dem Geschäft auskennen, erklärten, dass in den nächsten Tagen weitere Insolvenzen zu erwarten seien.
Laut einer mit der Situation vertrauten Person haben die Versicherungsgesellschaften Signa unter anderem wegen des regulatorischen und zinsbezogenen Umfelds Geld geliehen. "Stark regulierte Banken waren aufgrund ihrer Kapitalanforderungen nicht in der Lage oder nicht gewillt, bestimmte Arten von Geschäften zu tätigen, während die Versicherungsgruppen in der Ära der extrem niedrigen Zinssätze in Bargeld ertranken", sagte die Person.
Ein erheblicher Teil der Schulden der Signa-Gruppe wurde von Nicht-Bank-Finanzunternehmen wie dem Dortmunder Versicherer Signal Iduna bereitgestellt. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen mit zwölf Millionen Kunden, das hauptsächlich in der Kranken- und Lebensversicherung tätig ist. Die Signal Iduna habe Signa fast eine Milliarde Euro geliehen, sagten Personen mit direkter Kenntnis.
Kaufhäuser, Hotels, Luxuswohnungen: Das wurde aus René Benkos Pleite-Imperium

Der Versicherer wollte sich nicht zum Umfang seines Engagements äußern, teilte aber mit, dass er keine "wesentlichen Kreditverluste" erwarte, da seine Kredite "zu einem großen Teil" durch Sicherheiten in Form von Immobilien in erstklassigen deutschen Stadtlagen unterlegt seien.
Who-is-Who der Versicher ist investiert
Das Hauptversicherungsgeschäft der Münchener Rück, die Ergo, gewährte Darlehen in Höhe von rund 700 Millionen Euro, während die viertgrößte deutsche Versicherungsgruppe R+V 500 Millionen Euro verlieh, von denen mehr als die Hälfte nicht besichert ist, wie aus den Unterlagen und von mit der Angelegenheit vertrauten Personen hervorgeht.
Die Allianz gewährte 300 Millionen Euro an Krediten für den Kauf eines Hochhauses in der Berliner Innenstadt durch Signa im Jahr 2018, während der mittelgroße Versicherer Volkswohl Bund aus Dortmund ein Engagement in Höhe von 250 Millionen Euro einging.
Ergo, R+V, Allianz und Volkswohl Bund lehnten eine Stellungnahme ab. Signa reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.
Die deutsche Finanzaufsichtsbehörde Bafin erklärte gegenüber der FT, sie beobachte die Situation, fügte aber hinzu, dass das Risiko "in den meisten Fällen" im Vergleich zum Gesamtvermögen der einzelnen Versicherer vernachlässigbar sei und dass sie keine "wesentliche Bedrohung" für eine der betroffenen Gruppen erwarte.
Einige Versicherer gewährten nicht nur Kredite für bestimmte Signa-Immobilien, sondern beteiligten sich auch an Unternehmen der Gruppe, wie aus Dokumenten hervorgeht, die der FT vorliegen. Der mittelgroße deutsche Versicherer LVM hält einen Anteil von 2,9 Prozent an Signa Prime Selection, einem der beiden Unternehmen, die den größten Teil der Vermögenswerte der Signa-Gruppe besitzen. Ein erheblicher Teil des Signa-Engagements von LVM in Höhe von 300 Mio. Euro ist nach Angaben von Personen, die mit dem Engagement des Unternehmens vertraut sind, und Dokumenten, die der FT vorliegen, nicht besichert. LVM lehnte eine Stellungnahme ab.
Dieser aus der "Financial Times" übersetzte Artikel erschien zuerst an dieser Stelle beim Wirtschaftsmagazin "Capital", das wie der stern Teil von RTL Deutschland ist.