Energie sparen Nie wieder ein Wintergarten!

  • von Sven Rohde
Ein gläserner Anbau erhebt in den Augen vieler Hausbesitzer jede noch so kleine Hütte zum Vorstadt-Palast. Doch Wintergärten sind häufig Energieschleudern - im Winter wird es darin bitterkalt, im Sommer saunaheiß, und klamm ist es oft auch.

Es liegt ein wunderbarer Reiz darin, mitten im Winter die Fenster des Salons öffnen zu können und statt der rauen Dezember- oder Januarluft einen milden, balsamischen Frühlingshauch zu fühlen. Es regnet vielleicht draußen, oder der Schnee fällt vom schwarzen Himmel in stillen Flocken herab, man öffnet die Glastüre und befindet sich in einem irdischen Paradies, das des Winterschauers spottet." So schrieb 1850 ein Schwärmer über den Wintergarten von Mathilde Bonaparte, Tochter von Napoleons Bruder und Frau eines russischen Prinzen. Der Prinz zahlte ihr auch nach der Trennung eine fürstliche Apanage - Madame konnte sich einen Wintergarten also leisten.

Das glauben leider heute immer mehr Bauherren auch - und werden erst dann eines Besseren belehrt, wenn sich das Ding, das da an ihrer Hauswand klebt, nicht als irdisches Paradies, sondern je nach Jahreszeit und Sonnenstand als Sauna oder Tropfsteinhöhle erweist. Wenn sie für ein erträgliches Raumklima entweder die Heizung oder die Klimaanlage anschmeißen müssen, um damit das wahre Wesen dieser gläsernen Auswüchse deutscher Heimeligkeit hervorzubringen: Wintergärten sind Energieschleudern.

Wenn Bauherren sich wenigstens das Modell, das zu Zeiten der Madame Bonaparte üblich war, zum Vorbild nähmen: Das wurde nicht beheizt und war durch eine Glastür und Fenster von den Wohnräumen abgetrennt. So ein Glasanbau verbessert tatsächlich die Energiebilanz. Heute meinen aber alle, der Wohnraum solle offen in den Wintergarten übergehen. Und dessen Glasfront müsse sich wiederum komplett zum Garten öffnen. Stolze Hausbesitzer säuseln dann, "die Grenzen zwischen drinnen und draußen lösen sich auf". Genau das ist das Problem!

Missverständnis Wintergarten

Zwei banale bauphysikalische Erkenntnisse reichen aus, um das Missverständnis Wintergarten zu entlarven:

1. Glas lässt das Sonnenlicht passieren, statt es zu reflektieren. Die Luft drinnen erwärmt sich.
2. Fensterflächen dämmen schlechter als vergleichbar moderne Wände.

Natürlich, es gibt hochmoderne Gläser, die ganz toll dämmen. Aber die kommen meist nicht zum Einsatz, weil sie den Bauherren viel zu teuer sind. Damit sich der normale Wintergarten also nicht unerträglich aufheizt, wenn die Sonne draufbrezelt, müssen wahlweise Sonnensegel oder Jalousien ihn beschatten, müssen Lüftungsklappen, am besten automatische, wenigstens einen Teil der Hitze abführen. Sonst wird das ganze Haus zur Sauna.

Auf dem Präsentierteller

Und noch ein Naturgesetz: Je wärmer Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Wenn nun, wie es der Name nahelegt, Pflanzen den Wintergarten zuwuchern, dann steht davon reichlich zur Verfügung. Balsamischer Frühlingshauch? Quatsch: brutales Tropenklima!

Wenn es dann wieder kühler wird, kondensiert die Luftfeuchtigkeit am kältesten Punkt des Raumes. Entweder an den Scheiben: dann immer schön putzen, damit nicht bald Schlieren den Blick trüben. Oder an den Holzprofilen: dann immer schön trocken wischen, damit sie nicht faulen. Oder an der Nahtstelle von Wintergarten und Hauswand: dann darauf warten, dass die Wand durchfeuchtet, schimmelt und saniert werden muss. Oder immer schön die Heizung hochdrehen und sich auf die nächste Abrechnung freuen.

Warum bauen sich Leute überhaupt diese Dinger? Weil sie das Haus schmücken? Die meisten sehen mit ihren plumpen Profilen aus Kunststoff wie notgelandet und provisorisch angeflanscht aus. Weil sie ein so wunderbares Wohngefühl vermitteln? Viele Wintergartenbesitzer mögen es gar nicht, wenn sie im erleuchteten Raum abends wie auf dem Präsentierteller sitzen, und hocken deswegen lieber in der Küche. Weil sie die Wohnfläche vergrößern? Ja, warum lässt man sich dann keinen anständigen Anbau hinstellen? Selbst wenn der nicht besser aussieht, weil auch bei seiner Planung kein Ästhet in der Nähe war, so treibt er wenigstens die Energiekosten nicht so dramatisch in die Höhe.

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