"Ninety Nine Nights" ist wie ein Date mit einer wunderschönen Frau, die ziemlich hohl im Oberstübchen ist: Man braucht ein wenig länger als bei anderen, um zu erkennen, dass sich hinter der beeindruckenden Fassade wenig Substanzielles verbirgt. Fällt jedoch der Groschen, ist die Enttäuschung umso größer.
Soll heißen: Das von den "Kingdom under Fire"-Machern Phantagram entwickelte Hack&Slay-Abenteuer bietet zwar eine rekordverdächtige Anzahl an Schlachtenbummlern, Zwischensequenzen wie aus einem CGI-Kinoblockbuster und einen auf das heroische Setting maßgeschneiderten pathetischen Soundtrack. Doch spätestens wenn man sich nach 20 Minuten an den Augen- und Ohrenschmaus gewöhnt hat, zeigt die weitestgehend sinnfreie Dauerklopperei ihre Schwächen: Das Game ist mehr Schein als Sein.
Der hohen Zahl an gleichzeitig sichtbaren Figuren steht oft eine eingeschränkte Sichtweite gegenüber. Zudem scheint die Welt der "Ninety Nine Nights" oft von Nebel und einer hartnäckigen Tiefenunschärfe geplagt zu sein. Das Kampfgeschehen entpuppt sich als ermüdend gleichartig, was sich auch in der simplen Steuerung niederschlägt: Zwei Buttons reichen völlig, um sich durchzuschlagen. Das Famose daran: Egal, wie planlos man auf diese hämmert - am Ende vollführt eine der sieben auswählbaren Charaktere einen spektakulären Move, der zig Finsterlingen das virtuelle Leben kostet. Wer darüber hinaus fleißig rote Orbs einsammelt, darf irgendwann eine verheerende Megatöt-Attacke starten, die die gegnerischen Reihen unter einem Effektgewitter im Nu lichtet.
Im Gegensatz zu reinen Hack&Slay-Games bietet "Ninety-Nine Nights" zwar die Möglichkeit, neben der eigenen Figur noch zwei kleine Soldatentrupps zu befehligen, doch entpuppt sich dieses Feature schnell als Taschenspielertrick: Die linke und rechte Flanke können individuell bemannt werden mit wahlweise Infanterie, schwerer Infanterie, Speerkämpfern oder Bogenschützen. Im Kampf selbst kann man die Einheiten getrennt voneinander kommandieren und wahlweise die Stellung halten oder angreifen lassen.
Wer sich aber das Kriegsgeschehen genau ansieht, stellt fest, dass sowohl die eigenen Recken als auch die Gegner zu wenig mehr taugen als zu einer bewegten Kulisse. Anders gesagt: Wenn der Spieler nicht selbst die Daumen ermüdende Drecksarbeit erledigt, rasseln die Soldaten nur folgenlos mit den Säbeln. Von künstlicher Intelligenz sind diese Pappkameraden ebenso weit entfernt wie der Marianengraben von der Meeresoberfläche.
Ninety-Nine Nights
Hersteller/Vertrieb | Q Entertainment / Phantagram/Microsoft |
Genre | Action |
Plattform | Xbox 360 |
Preis | ca. 65 Euro |
Altersfreigabe | ab 16 Jahren |
"Ninety-Nine Nights" setzt eher auf Quantität als auf Qualität - hunderte von Figuren statt einem abwechslungsreichen Gameplay. Die riesigen Heerscharen von Gut und Böse, die den Bildschirm bevölkern, beeindrucken zwar auf den ersten Blick, doch wer sich nur eine Hand breit Spieltiefe erhofft, wird enttäuscht und sollte vielleicht zum Xbox-Vorgänger "Kingdom under Fire: Heroes" greifen. Das bietet neben zig Keilereien auch noch taktische Tiefe und einen wüsten Gitarrenrock-Sound.