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Casemodding Die Gehäuslebauer

Computer müssen nicht langweilig aussehen - sagen Casemodder, die mit Säge, Kleber und Lötkolben an skurrilen PC-Hüllen werkeln. Der stern hat sie besucht.

Für die meisten sind PCs nur graue Kisten: Wichtig ist, was drinsteckt. Manche allerdings sitzen stundenlang im Hobbykeller und bohren, sägen, kleben, löten. Bis ihr Rechner in eine Gitarre passt. In ein Fass. Oder einen Autoreifen. Diese anderen nennen sich "Casemodder" (von "case", englisch: Gehäuse, und "mod" von "modifizieren"). Gefragt, warum sie so viel Zeit in ihre Hüllen stecken, sprechen sie davon, "etwas eigenes haben" zu wollen, "etwas, das kein anderer hat". Es geht um den Spaß am Basteln. Und um Aufmerksamkeit. Um Bewunderung. Ums Ego.

Diese Sehnsucht nach Individualität liegt im Trend: Dass Jungs am Wochenende ihr Auto aufmotzen, ist nicht neu, heute jedoch laden sich schon Zehnjährige Klingeltöne auf ihr Handy, um einzigartig zu erscheinen - bis das Telefon des Freundes zur selben Melodie bimmelt. Und da der PC immer mehr ins Wohnzimmer rückt, darf auch der nicht mehr grau sein: Design-Gehäuse gibt es immer mehr zu kaufen. Darüber können die Bastler aber nur lachen. Vor kurzem haben sie auf der Deutschen Casemod-Meisterschaft gezeigt, was sie können. Es ging dabei um Stolz. Und der ist unbezahlbar.

Sven Stillich

Auf den kommenden Seiten sehen Sie besonders gelungene Beispiele für Casemodding

"Ein Fass und 60 Stunden Bastelei"

Tilo Bohnert, 39

Vor zehn Jahren schon hat der gelernte Bauschlosser mit "Casemodden" angefangen, das Fass ist sein drittes Gehäuse. "Ich habe es im Internet ersteigert", sagt er, "von einem Pfälzer Winzer." Sein Hobby lässt ihn nie los: "Ich schaue immer und überall nach Dingen, die ich verwenden könnte." Auch in Oberammergau. Denn da lebt er - "obwohl ich kein Holzschnitzer bin".

"Meine Freunde sind ein wenig neidisch"

Die ersten Skizzen entstanden, als Jan Naßhan noch bei der Bundeswehr war. Jetzt studiert er - und der "Mod" schmückt seine erste Wohnung. 100 Stunden hat er mit seinem Vater gebastelt und Ornamente aus Birkenholz gesägt. "Das ist ein Möbelstück für mich", sagt Jan Naßhan. Sein Vater ist stolz auf das Werk und freut sich, "mit dem jungen Burschen noch was unternehmen zu können". Der Lohn: Ein Preis bei den Deutschen Meisterschaften in Dortmund.

"Andere spielen den ganzen Tag Fußball"

"Eigentlich wollte ich nur meinen alten PC irgendwo reinbauen", sagt Bastian Sauer, "und dann bin ich auf die Idee mit dem Rad gekommen." Das hat er in einem Autohaus bekommen. 300 Euro stecken in seinem "Mod" - "oder etwas mehr: Ich habe vor kurzem dummerweise den Lötkolben auf dem Teppich liegen gelassen."

"Eigentlich wollte ich Gitarre lernen"

Die Gitarre stand ungenutzt herum bei Michael Richter, "dann musste sie dran glauben". Jetzt kann sie Musik abspielen, ein Display zeigt, welches Lied läuft. Im Hintergrund steht ein älterer "Mod" von ihm: ein PC in einer Schaufensterpuppe. "Das ist "Serva"", sagt er, "der Einschaltknopf ist am Bauchnabel."

Sven Stillich print

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