Intel Compute Stick Der PC für kleine Hosentaschen

Ein vollwertiger PC in der Größe von etwa vier nebeneinander liegenden USB-Sticks?  Was sich nach Spielkram anhört, könnte für einige tatsächlich der ideale Rechner sein.

Cool war Intel nie. Der Chiphersteller liefert die hochwertigen technischen Innereien, aus denen dann andere ansprechende Produkte bauen. Vielleicht ist gerade deshalb der Compute Stick von Intel in der Wahrnehmung unverdient untergegangenen.  Im vergangenen Jahr präsentierte Intel den Stick erstmals und  hat jetzt mit einer deutlich stärkeren Version nachgelegt.

 

Die Idee hinter dem "Computerstecker" ist charmant: Er verwandelt jeden beliebigen Bildschirm mit einem HDMI-Steckplatz in einen vollwertigen Windows-10-PC mit einem recht gutem Prozessor und Grafikeinheit, 2 Gigabyte Arbeitsspeicher, einer 32 Gigabyte Festplatte, zwei USB-Anschlüssen und natürlich WiFi sowie Blutooth-4.  Alles zusammen verbaut auf einer Fläche von lediglich 14,6 x 8,9 cm. Das von uns getestet günstige Modell kostet 130 Euro, das teuerste mit 4-Kern-Prozessor und doppelt so viel Speicher um die 350 Euro.

 "Was soll der schon leisten?"

Er ist etwa 400 Gramm schwer und nur unwesentlich breiter und höher als der HDMI-Stecker an seinem Ende. An der Oberseite des schwarzen Plastikgehäuses blitzt durch kleine Bohrungen der winzige Lüfter. Was soll der schon leisten, fragt man sich sofort.  Erinnerungen an die Ära der Eee-PC werden wach. Mini-Subnotebooks, gerade leistungsfähig genug für  Surfen, Office und Mails abrufen, HD-Filme waren schon schwierig, der Boot-Vorgang eine Geduldsprobe. Diese untermotorisierte PC-Gattung wurde schnell und gründlich von den Tabletts vom Markt gefegt.

 

Jetzt kommt Intel mit einer ähnlichen Idee – und dann noch ohne Monitor, Tastatur und Maus. Doch was bekommt der User dafür? Er erhält einen erstaunlich leistungsfähigen PC:  Windows-10 erscheint keine Minute nach dem Einschalten einsatzbereit auf dem Bildschirm.  Im Web surfen, auf YouTube HD Filme streamen oder Videotelefonate via Skype, sind für die Hardware eine Fingerübung. Ebenso gehen die typischen Office-Aufgaben locker von der Hand. Ein OpenOffice-Dokument mit 70 Seiten ließ sich ohne Geruckel oder lange Ladezeiten bearbeiten, genauso wie eine Power-Point-Präsentation mit zahlreichen visuellen Effekten. Selbst die Bildbearbeitung mit Gimp und Photoshop Elements stemmte der Winzling recht ordentlich.  Aufwändige Games überfordern den Kleinen natürlich und auch für ruckelfreie 4K-Filme reicht die Leistung nicht. Im Normalbetrieb ist der Lüfter so gut wie nicht zu hören, unter Last gibt der Stick lediglich ein leises Rauschen von sich.

 Sehr knapper Speicher

Die Achillesferse des günstigen Compute Sticks ist der vergleichsweise kleine Arbeitsspeicher von 2 Gigabyte. Das wird schnell eng, wenn ein Browser mit drei, vier Tabs sowie ein Office offen ist und im Hintergrund etwa Musik gestreamt wird. Was in den Arbeitsspeicher passt, wird auf die Festplatte ausgelagert. Die ist dank SSD zwar flott, doch mit 32 Gigabyte ebenfalls knapp bemessen – vor allem weil Windows sich schon acht Gigabyte reserviert, zuzüglich der Auslagerungsdatei etwa vier Gigabyte. Folglich reicht der Raum für die Installation nur weniger Anwendungen. Bei unserem Testmuster blieben nach der Installation von Gimp, Libri Office, und VLC  lediglich acht Gigabyte freier Festplattenplatz. Größere Datenmengen sollten besser auf eine USB-Festplatte ausgelagert werden. Mit der schnellen USB-3.0-Schnittstelle ist das jedoch kein Problem.

Wer ihn gebrauchen könnte

Für wen könnte der günstige Compute Stick interessant sein? Im privaten Umfeld für alle, die daheim eigentlich nur gelegentlich einen PC für das Surfen und Büroarbeiten benötigen, also Aufgaben, für die ein Tablett ohne Tastatur und Maus eher unhandlich und das Display zu klein ist. Wer weder Chromacast, Apple-TV oder FireTV-Stick an seinem Fernseher hat, kann seine Mattscheibe mit dem Compute-Stick in einen internetfähigen SmartTV verwandeln. Intel selbst sieht seine Hardware vor allem an Schulen und Universitäten. Für Schulen kann das tatsächlich vorteilhaft sein. Statt den "Computerraum" mit eigenen PCs auszustatten, könnten die Schüler Compute Sticks von der Schule für leasen, in den Klassen stünden dann nur noch die Monitore.

 

Für private Anwender steckt der clevere Stick jedoch in einer Preisfalle: Er lohnt sich nur, wenn Bildschirm sowie eine drahtlose Maus und Tastatur bereits vorhanden sind.  Wer sich diese Geräte erst kaufen muss, gibt schnell 170 Euro aus,  was die Gesamtinvestition auf rund 300 Euro heben würde. Gefährlich nahe am Preis eines brauchbaren Notebooks.

stern-online
HL

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