Frauen, insbesondere angeheiratete, haben einen Hang dazu, ihre besseren Hälften zu erziehen. Das ist ein Vorgang, der unmittelbar nach dem ersten Kuss beginnt und anscheinend erst mit dem Tode wieder endet. Während Männer völlig mit dem zufrieden sind, was sie da in den Armen halten und mit den Fingern zärtlich erkunden, müssen Frauen von ihren Partnern zwei Bilder im Kopf haben: Ein Ist- und ein Sollbild. Das Sollbild ist der Status, der unbedingt erreicht werden muss. Die Partner sollen romantisch, mitfühlend, hilfsbereit und vor allen Dingen ordentlich sein. Wenn sie das nicht sind, muss man sie dazu zwingen. Das Erziehungsprogramm greift vor allem bei der Unordentlichkeit des Partners.
"Kannst Du nicht...?"
Überall im Haus gilt deswegen die Devise: "Kannst du das nicht gleich wegräumen?" "Bitte pack die Fernbedienung dort hin." "Findest du nicht auch, dass neue Blümchen auf dem Tisch ganz nett aussehen würden?" Leider schenkt mir niemand Blumen. "Bitte sortiere doch deine Actionfilm-DVDs nach hinten, sodass die Kinder sie nicht sehen können."
Ist eine Frau mit an Bord, kann ein Mann einfach nicht mehr tun, was ein Mann tun möchte. Er darf sich nach dem Joggen nicht im nassgeschwitzten T-Shirt aufs Sofa werfen, darf nicht hingebungsvoll popeln und rülpsen, darf im Fernsehen nicht "Stargate" gucken, wenn gleichzeitig "Schwester Stefanie" läuft, und er darf sich nach einem harten Tag auch nicht in ein Schläfchen auf der Couch stürzen, wenn doch der Abwasch noch zu machen ist.
Für ihn wohnlich, für sie abbruchreif
Viele Männer fügen sich, weil sie der Nonstop-Nörgel-Attacke einfach nicht entkommen können. Doch auch wir Männer sind keine Doofen. Unser Rückzugsgebiet ist der Computer im eigenen Arbeitszimmer. Und damit "sie" nicht auf die Idee kommt, hier auch noch ihre Texte fürs Studium zu schreiben, wird der Raum so hergerichtet, dass er für ihn so wohnlich wie nur möglich erscheint. Was zwangsläufig bedeutet, dass sie hier am liebsten zur Abrissbirne greifen würde.
Das Frühwarnsystem
Mein Frühwarnsystem beginnt bereits auf der Tellertreppe. Hier liegen ausgezogene Pullover, leergegessene Teller und verkrustete Kaffeetassen auf der Treppe. Ein erstes "Igitt, was machen denn die dreckigen Teller hier?" verrät, dass sich ein Weibchen der maskulinen Höhle nähert. Noch bevor die holde Weiblichkeit höchstselbst um die Ecke biegt, trägt der Schall bereits die Kommentare vor sich her: "Kannst du das bitte gleich nach oben räumen? Wie kann man nur so eklig sein? Hier müsste mal wieder richtig geputzt werden."
Der erste Verteidigungswall
Rund um meinen Schreibtisch ist dann der erste Verteidigungswall ausgebreitet. Stapel mit ausgelesenen Zeitschriften, meine neuesten eBay-Pakete, dazu Software-Packs, Bücher und DVDs liegen hier kniehoch aus. Meine Frau stakst kommentarlos über die Stapel hinweg und ist bereits gefährlich nahe an meinem Schreibtisch angelangt.
Der zweite Verteidungswall
Meine Schreibtischplatte ist zum Glück völlig blockiert. Anstelle von sauber ausgerichteten Ordnern und Stiften liegen hier Schraubenzieher, Kopfschmerztabletten, Sekundenkleber, ein Walkman, eine Plastikbiene in der Größe einer Hand, eine Lara-Croft-Statue, ein Stapel alter CD-Rohlinge, eine Digitalkamera, Dutzende Visitenkarten und mehr Schmierzettel, als sie eine vierjährige Tochter in zehn Minuten vom Block abziehen kann. Das Ganze wird garniert mit Computer-Ausdrucken, halbleeren Cola- und Mineralwasserflaschen, noch mehr DVDs, Schokoriegeln und alten Figuren aus Überraschungseiern. Meine Frau ist unerbittlich und drängt mich aus meinem Schreibtischstuhl. Ihr mitgebrachtes Zeug legt sie einfach auf meinen Sachen ab. Ich fange gerade noch so eine Colaflasche auf, bevor sie umkippt.
"Was willst du denn hier unten?", frage ich vorsichtig.
"Na, ihr habt doch DSL im Keller und seid ständig online. Ich muss jetzt die Winterbestellung für die Kinder fertigmachen."
Der dritte Verteidigungswall
Mir schwant Böses. Und tatsächlich: Auf meinem Schreibtisch wurden die neuesten Kataloge der Versandhäuser abgelegt. Überall ragen Zettel aus den Seiten, die interessante Stellen markieren. Zum Glück gibt es nach dem Zeug auf dem Schreibtisch auch noch einen dritten Verteidigungsring. Mein ganzer Computer ist komplett umgemodelt. Das Startmenü sieht anders aus als sonst, der Internet Explorer ist ausgetauscht worden und auch die übrigen Standardprogramme wurden gegen Freeware-Alternativen aus dem Netz ersetzt. Das sollte sie doch eigentlich abhalten. Aber meine Frau ist gewitzt und fragt meinen Mitarbeiter: "Gregor, wie komme ich ins Internet?" Gregor, der Verräter, zeigt ihr den Weg. Meine Frau hat einen neuen Beschluss gefasst: "Ich bin modern und bestelle jetzt alles im Internet".
Die Festung ist gefallen
Das kann Stunden dauern, ich kenne ihre Bestellarien, die bisher am Telefon abgewickelt wurden. Mit der ausgestreckten Hand winkt sie mich weg, sie braucht jetzt Zeit und Ruhe. Na toll, mein informatischer Verteidigungsschutzwall zwecks Abhaltung weiblicher Invasoren hat nicht funktioniert. Ich kann nicht arbeiten. Da kann ich dann auch gleich damit anfangen, mein Büro aufzuräumen. Ganz so unordentlich mag ich es nämlich auch nicht.