Ich habe wieder einmal ein schlimmes Problem: Nach der Virenflut schwappt jetzt die Pornoflut über mich hinweg. Was tun gegen die derben Schweinereien, die noch dazu für einen häuslichen Flurschaden sorgen?
Dieses Mal kommt der Brief von "Oral Annie". Ich lese zunächst nur "Oval Arnie" und überlege kurz im Hinterstübchen, ob jetzt wohl doch noch die Meldung kommt, dass Arnold Schwarzenegger ins Weiße Haus eingezogen ist. Aber mitnichten. In der Mail steht erst einmal überhaupt gar nichts. Stattdessen sind nur ein paar leere Platzhalter zu sehen. Sie stehen für Grafiken, die irgendwo auf einem fernen Rechner auf der Festplatte liegen und nun automatisch angefordert werden, sobald ich die Mail öffne. Dank einer schnellen DSL-Verbindung muss ich nicht lange auf Annie warten. Zügig ist sie auf dem Schirm zu sehen.
Ganz nah ran
Nun hat mir mein Augenarzt gerade vor einer Woche mitgeteilt, dass sich meine Augen deutlich verschlechtert haben und ich anstelle von zwei Dioptrien inzwischen mit dreien rechnen muss. Neue Brillengläser müssen also dringend her. Aber auch ohne die Guckgläser kann ich erkennen, was da auf dem Bildschirm vor sich geht: Annie nimmt sichtbar den Mund etwas zu voll. Sehr zur Freude der gut bestückten Männer, die Annie da bedient. Während ich mit der Nasenspitze noch etwas näher an den Bildschirm herangehe, um zu überprüfen, ob Annie wirklich genau das macht, was ich denke, kommt meine Frau ins Büro. Mit zwei anderen Müttern aus der Schule, die sich einmal mein Büro anschauen möchten. Alle drei bleiben schreckerstarrt an der Türschwelle stehen; anscheinend haben sie deutlich bessere Augen als ich. Ich klicke hektisch in den E-Mal-Client, stammele ein "Das ist Spam" (was keine der Frauen versteht und was sie sicherlich für eine neue Sauerei halten) und erwische dann versehentlich den Knopf für den Vollbildmodus. Das ist mein Untergang. Die Frauen machen schnaufend auf dem Absatz kehrt. Da kann ich mir ja noch was anhören. Morgen weiß es bestimmt die ganze Schule.
Wirklich den Komfort abschalten?
"Oral Annie" ist nicht die erste ungebetene Besucherin auf meinem Rechner. Vorher habe ich auch schon Post von "Melon Susie", "Doggiestyle Klara" und "Teenage Petra" bekommen. Bei der "Bondage Sylvie" hatte ich schon im Vorfeld geahnt, was da kommt und die Mail lieber gleich gelöscht. Woher die Betreiber nur meine E-Mail-Adresse haben? Mein E-Mail-Client warnt mich immerhin davor, den automatischen Bezug von in Mails eingebetteten Bildern in Zukunft lieber zu unterbinden. Die Spam-Versender könnten ansonsten aus ihrer Server-Statistik ablesen, dass ich die Bilder bezogen hätte. Was natürlich beweist, dass ich mir die Werbe-Mail für ihren Online-Sexclub auch tatsächlich angesehen habe. In der Folge würde meine Mail-Adresse für die Spammer noch wertvoller werden, da sie offenbar einem Deppen gehört, der sich die Post auch tatsächlich noch durchliest. Aber: Ich habe so viele nützliche Multimedia-Newsletter abonniert, auf deren Bilderflut ich nicht verzichten möchte, dass ich das automatische Auslesen der Bilder eben nicht kappen möchte.
Dann sich doch lieber abmelden...
Stattdessen bietet mir die Werbemail in Sachen angewandter Pornografie an, mich selbst aus der Datenbank auszutragen. Die sind aber nett, denke ich und schreibe meine E-Mail-Adresse in das Formular hinein. Ich klicke auf "Unsubscribe" und schicke die Nachricht ab. Sofort wird eine Homepage geladen. Anstelle der Meldung "Erfolgreich ausgetragen" lese ich aber nur den Text "Internal Server Error". Naja, da wird der Server wohl nur temporär nicht erreichbar sein.
... wenn das nicht nur eine Falle wäre
Mein Mitarbeiter Gregor lacht über so viel Dummheit. Er meint, das habe alles Methode (durch den Versuch sich auszutragen, erfährt der Versender, dass man die Mail gelesen hat) und würde nur dafür Sorge tragen, dass ich weiterhin dazu bereit bin, neue Pornomails in Empfang zu nehmen. Ich solle besser einen leistungsstarken Spamfilter installieren. Dazu bin ich aber nicht bereit. Meine "normalen" Spams tragen immer wieder zu meiner persönlichen Unterhaltung bei, da möchte ich nicht drauf verzichten. Schön wäre allerdings ein Filter, der dafür sorgt, dass de Sex-Mails nicht ausgerechnet dann angezeigt werden, wenn meine Frau mit im Zimmer steht.
Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania